Der Aufschwung kommt nicht überall an

Trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs sind immer mehr Menschen überschuldet - das zeigen die neusten Zahlen der Schuldnerberatungen der Kirchenkreise. Reformen sollen den Schuldnern nun helfen.

 Zu Schuldnerberater Bernd Hilgert (Foto) aus dem Kirchenkreis Simmern-Trarbach und seinen Kollegen in Kirchberg kamen im vergangenen Jahr 175 Menschen. Foto: Dieter Junker

Zu Schuldnerberater Bernd Hilgert (Foto) aus dem Kirchenkreis Simmern-Trarbach und seinen Kollegen in Kirchberg kamen im vergangenen Jahr 175 Menschen. Foto: Dieter Junker

Kirchberg/Traben-Trarbach. Der wirtschaftliche Aufschwung scheint bei vielen privaten Haushalten noch nicht angekommen zu sein. Dies zeigt die steigende Zahl von Schuldnerberatungen beim Diakonischen Werk der evangelischen Kirchenkreise Trier und Simmern-Trarbach in Kirchberg. Hier stieg im vergangenen Jahr die Zahl der betreuten Klienten um 15 Prozent, bei den Verbraucherinsolvenzverfahren gab es einen Anstieg um 30 Prozent gegenüber 2006. Ebenso gab es eine Zunahme bei den außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren. "Trotz der guten Konjunktur sind weiterhin viele Menschen überschuldet", so Schuldnerberater Bernd Hilgert (Kirchberg) bei der Vorlage des Jahresberichtes für 2007."Die Betroffenen kommen aus allen Altersgruppen und allen sozialen Schichten", betont Bernd Hilgert. "Aber die Zahl der verschuldeten Menschen steigt weiter", fügt er hinzu. In Kirchberg kamen im vergangenen Jahr 175 Menschen in die Schuldnerberatung, dies sind 24 mehr als 2006. 61 Prozent der Klienten sind Frauen, das Durchschnittsalter der Menschen, die die Beratungsstelle aufsuchen, liegt bei 43 Jahren. Mehr als 63 Prozent der Klienten haben einen Berufsabschluss, nur 33 Prozent sind ohne eine abgeschlossene Ausbildung. Etwa 75 Prozent der Menschen, die in Kirchberg Rat suchen, kommen aus dem Rhein-Hunsrück-Kreis, über 20 Prozent aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich, ein kleiner Teil auch aus dem Raum Blankenrath im Kreis Cochem-Zell.In die Kurzzeitberatung, die bis zu drei Beratungsgespräche umfasst, kamen im vergangenen Jahr 105 Menschen, 70 Klienten wurden im Rahmen einer Langzeitberatung betreut. Für 29 Klienten konnte die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens erreicht werden, wobei mit dem Eröffnungsbeschluss Forderungen von über 1,5 Millionen Euro in ein Restschuldbefreiungsverfahren überführt wurden.Schuldnern bleiben 985 Euro zum Leben

"Angesichts der steigenden Fallzahlen in unserer Beratungsstelle sind wir froh, dass das Bundeskabinett zwei Reformgesetze auf den Weg gebracht hat, die den Schuldnern sicher helfen", meint Bernd Hilgert mit Blick auf das neue vereinfachte Entschuldungsverfahren und den besseren Schutz vor Kontopfändungen. "Mit den Reformen würde das jetzige Insolvenzverfahren wesentlich vereinfacht und entbürokratisiert", macht der Schuldnerberater klar. Und mit der Einführung eines "Pfändungsschutzkontos" erhält der Schuldner einen pfändungsfreien Betrag von 985 Euro, mit dem er notwendige Besorgungen erledigen kann. "Dies war bisher durch Kontopfändungen nicht mehr möglich", so Hilgert.Doch der Schuldnerberater hofft auf weitere Reformen. "Aufgrund der gestiegenen Lebenshaltungskosten im vergangenen Jahr wäre eine Anhebung der Eckregelsätze für die Bezieher des Arbeitslosengeldes II und der Grundsicherung dringend geboten", betont Hilgert. Und auch eine kostenlose Teilnahme am Mittagessen in Ganztageseinrichtungen für Kinder aus sogenannten Hartz-IV-Familien wäre wichtig. Hilgert: "Alles andere führt zu einer weiteren Ausgrenzung von armen Kindern in unserer Gesellschaft."

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