Der Aufstand der Winzer ist auch nach 90 Jahren nicht vergessen

Bernkastel-Kues · Wenn es in den krisengeschüttelten Jahren der Weimarer Republik ein Ereignis gegeben hat, das das Weinbaugebiet der Mosel der fernen Reichsregierung in Berlin - und mit ihr der gesamten Bevölkerung des Deutschen Reiches - schlagartig ins Bewusstsein rief, dann war es die als Bernkasteler Winzersturm bekannt gewordene Verzweiflungstat vom 25. Februar 1926. An diesem Tag geriet eine Protestkundgebung von etwa 2500 Winzern, die einem Aufruf der Zentrumspartei nach Bernkastel-Kues gefolgt waren, plötzlich außer Kontrolle. Die daraus resultierende Verwüstung des Finanzamts, der Finanzkasse und des Zollamtes in Bernkastel-Kues wurde bereits von den damaligen Zeitgenossen als Menetekel der in den 1920er Jahren herrschenden Winzernot an der Mosel gewertet.

Dr. Christof Krieger ist im Zuge seiner Doktorarbeit zum Thema der nationalsozialistischen Weinbaupolitik unter anderem im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin auf einige aufschlussreiche und bislang unveröffentlichte Akten gestoßen.
"Dass unmittelbar unter dem Eindruck der Bernkasteler Ereignisse ein sogenannter Reichsausschuss für Weinpropaganda ins Leben gerufen wurde, der daraufhin mit Millionensummen einen gewaltigen Werbefeldzug für deutschen Wein initiierte, ist so gut wie in Vergessenheit geraten", berichtet der Historiker: "Die Ironie dabei war, dass sich die Winzer mit der infolge des Bernkasteler Winzersturmes abgeschafften Weinsteuer den Geldhahn dieser an sich erfolgreichen Maßnahme selbst abdrehten." Krieger ist heute, Dienstag, in der Kueser Akademie für Europäische Geistesgeschichte zu Gast. Er hält ab 19 Uhr einen Vortrag zu dem Thema. Die Akademie hat ihren Sitz in der zweiten Etage des Mosel-Gäste-Zentrums. red

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