Der Besuch des Schulrats zu Großmutters Zeiten
Früher ging es nicht so locker in der Schule zu wie heute. Die Großmutter von TV-Leser Jürgen Adam aus Deuselbach kann davon ein Lied singen. Ihrem Enkel hat sie eine Geschichte erzählt, von der er im Folgenden berichtet.
Deuselbach. Ich sehe sie vor mir, die Mädchen und Jungen des kleinen Dorfes am Fuße des Erbeskopfs, wie sie ihre Häuser verlassen, den kurzen Weg durch das Dorf nehmen und dann den Hügel erklimmen, wo ihre Schule steht, einer Kirche nicht unähnlich.
Stadtgeschichte(n)
Sie stellen sich in zwei Reihen auf, immer leiser werdend, und harren der Dinge, die da in Gestalt des Lehrers Groß, eines wahren Zuchtmeisters, auf sie zukommen.
Seine Anweisung: "Ohne an meine Tür zu klopfen, habt ihr zu warten, bis ich komme." An einigen Tagen kann das dauern; es scheint, als wäre es schon ein Teil seines Erziehungsprogramms.
Unangemeldet taucht eines Tages am frühen Morgen der Schulrat auf, um seine Revision durchzuführen. Lehrer Groß wird wohl noch schlafen, denn in seiner Wohnung im hinteren Teil des Schulgebäudes rührt sich nichts.
Die Kinder, darunter Emma Gordner, meine spätere Großmutter, die mir dieses Ereignis erzählte, stehen brav in ihren Reihen. Der Schulrat hat viel Zeit mitgebracht und wartet ebenso brav auf seinen Untergebenen, dem er an diesem Tag über die Schulter schauen will.
Stockschläge auf die Hände
Endlich öffnet sich die Wohnungstür unseres Pädagogen. Vor Schreck über den Anblick seines Vorgesetzten verschlägt es ihm sichtlich die Sprache.
Und zu welcher Maßnahme greift er, als der Revisor die Schule und das Dorf wieder verlassen hat?
Die Mädchen und Buben müssen ihre Hände auf den Schulbänken nebeneinander legen und der große Pädagoge schlägt mit seinem Stock brutal zu, mehrfach, bis er sich abreagiert hat. Wenn der Schulrat komme - so seine Rechtfertigung für die Züchtigung -, müsse man ihn selbstverständlich wecken, dann gelte die allgemeine Regel nicht.