Der eine wirft's weg, der andere will's haben

Wittlich · Im Januar ist wieder über zehn Tage verteilt Sperrmüllabfuhr in Wittlich. Bürgermeister Joachim Rodenkirch hat für diese Zeit Kontrollen angekündigt, weil es dann immer wieder zu massiven Problemen komme. Die verursachen unter anderem Sammler. Eine Lösung wäre Sperrmüll auf Abruf, die ab 2017 greifen könnte.

Wittlich. Zwei Kubikmeter sind eine ganze Menge. Und diese Menge ungeliebten Krempels kann man zwei Mal im Jahr loswerden, wenn Sperrmülltermin ist. Doch was dem einen nichts mehr wert ist, kann der andere womöglich noch gebrauchen. Und es gibt Menschen, die können ganz viel noch gebrauchen. Sie studieren den Abfallkalender und machen dann einen ausgedehnten Ausflug dahin, wo gerade Sperrmülltermin ist. Dann umkurven sie die Müllberge vor den Haustüren bis mitten in der Nacht, durchstöbern alles auf der Suche nach Brauchbarem und lassen einen durchwühlten Haufen, zurück. Sperrmülltouristen nennt man sie. Obgleich sie Wiederverwerter sind, sind sie nicht gerade beliebt. Das liegt auch an den Spuren, die sie hinterlassen. Was mancher Hausbewohner ordentlich kompakt gestapelt hat, sieht nach ihrem Besuch aus, als hätte es eine Explosion gegeben. Außerdem gibt es immer wieder Meldungen, dass etwas mitgenommen wurde, was gar nicht zur Abholung bereitstand: zum Beispiel Fahrräder, auch wenn sie abgeschlossen sind. Wegen der Probleme hat der Wittlicher Stadtrat vor fünf Jahren auf Initiative des damaligen Bürgermeisters Ralf Bußmer den Kreis aufgefordert, das System umzustellen. Der Vorschlag: weg von den Sammelterminen hin zum Abholen auf Abruf. Das war damals aussichtslos, denn die zuständige Kreisverwaltung hatte just die Dienstleistungen von Müllabfuhr bis Sperrmüll ausgeschrieben und damit war die Entsorgung bis 2016 bereits vertraglich geregelt. Bußmer argumentierte damals, die Stadt Wittlich erreichten nach jedem Abfuhrtermin Dutzende Beschwerden, hinzu komme, dass der zurückgelassene Dreck beseitigt werden müsse. Jetzt kommt womöglich Bewegung in die alte Diskussion. Bürgermeister Joachim Rodenkirch sagte vor dem Stadtrat, wegen der "massiven Probleme" wolle man bei den nächsten Wittlicher Sperrmüllterminen zwischen dem 15. und 25. Januar "in Kontrollen einsteigen", um die "Auswüchse" einzudämmen. Dabei würden dem städtischen Ordnungsamt die Kreisverwaltung und die Polizei helfen. Ganz sicher ist das noch nicht. Hans-Jürgen Riemann, Polizeiinspektion Wittlich, sagt auf TV-Nachfrage. "Es stimmt, dass die Stadt Großkontrollen fordert. Wir sind uns aber über die rechtlichen Möglichkeiten noch nicht im Klaren. So gibt es ein neues Gesetz, wonach man sich eine Sammelerlaubnis holen kann. Wenn die Kontrollen tatsächlich stattfinden sollten, werden sie flächendeckend sein und von der Bereitschaftspolizei unterstützt werden." Generell seien seit mehr als fünf Jahren die Sperrmülltermine in den polizeilichen Dienstplänen vermerkt, sodass vor und während der Abfuhr die Bezirksbeamten vor Ort unterwegs seien. Eins aber scheint sicher: Nach Ablauf der jetzigen Verträge kann ab dem Jahr 2017 eine Abfuhr aus Abruf in der Säubrennerstadt möglich sein. Das sagte Bürgermeister Joachim Rodenkirch. Laut Kreisverwaltung soll darüber im Frühjahr 2013 entschieden werden (siehe nebenstehenden Text). Ob sich bis dahin ein anderes Problem erledigt hat, für das die Bewohner selbst zuständig sind? Sie halten oft Dinge für Sperrmüll, die keiner sind: Bestandteile des Hauses von der Toilettenschüssel bis zur Tür oder - beim nächsten Termin im Januar bestimmt wieder aktuell -: ausrangierte Weihnachtsbäume. Wer sich unsicher ist: Auf ihren Internetseiten informiert die Kreisverwaltung ausführlich unter dem Stichwort Abfallentsorgung: www.bernkastel-wittlich.deExtra

In der Stadt Wittlich (ohne die Stadtteile) wurden bei den Sammelterminen im Januar und im Juli 2012 insgesamt rund 445 Tonnen Sperrmüll einschließlich Altholz gesammelt, außerdem knapp 39 Tonnen Elektroschrott. Da die Sperrmüllsammlung im Kreisgebiet noch fortdauert, können noch keine Angaben zur gesamten Jahresmenge 2012 gemacht werden. 2011 waren es insgesamt 5881 Tonnen Sperrmüll. Der Vergleich mit Vorjahren zeigt eindeutig eine Mengensteigerung. So sind im Jahr 2005 insgesamt 3925 Tonnen Sperrmüll angefallen, im Jahr 2008 waren es 4328 Tonnen. Quelle: Kreisverwaltung Bernkastel-WittlichExtra

Um die Müllentsorgung kümmert sich die Kreisverwaltung. Ihr Pressesprecher Manuel Follmann erklärt auf TV-Nachfrage, was Stand der Dinge in Sachen Abfuhr auf Abruf ist und welche Probleme es gibt. Die Fragen stellte TV-Redakteurin Sonja Sünnen. Wann kommt die Abfuhr auf Abruf? Manuel Follmann: Auf Antrag der Fraktion der FWG im Kreistag wird derzeit die Sperrmüllsammlung auf Abruf anstelle der bisherigen Straßensammlung in den Kreisgremien diskutiert. Voraussichtlich im Frühjahr 2013 werden der Kreisausschuss und anschließend der Kreistag die Thematik beraten und über das Ob und Wie entscheiden. Im Falle der Zustimmung wird die Sperrmüllabholung auf Abruf im gesamten Kreisgebiet ab dem Jahr 2017 praktiziert. Im Falle einer Ablehnung erfolgt auch keine Systemumstellung in der Stadt Wittlich. Was sind aus Sicht der Kreisverwaltung die Probleme bei der Sperrmüllabfuhr? Follmann: Allgemein gilt, dass in größeren Städten und Gemeinden die Probleme verstärkt auftreten. Dies ist möglicherweise auf eine gewisse "Anonymität" zurückzuführen. Ein typisches Sperrmüllproblem ist bedingt durch enge Bebauung zum Beispiel auch im Altstadtbereich von Wittlich. Der Sperrmüll kann nicht unmittelbar vor dem Haus bereitgestellt werden, sondern auf einer Art Sammelplatz für mehrere. Das wird teilweise so ausgenutzt, dass Mehrmengen und Dinge, die absolut nicht zum Sperrmüll gehören, dazugestellt werden. Dadurch bleiben nach der Sammlung Reste zurück. Diejenigen, die die Nichtsperrmüllabfälle dorthin gestellt haben, räumen die Sachen aber auch nicht wieder weg. Es gibt zwei Arten von Sperrmülltourismus. Die eine ist die, dass Dritte, die gar nicht dort wohnen, wo die Sammlung ist, einfach Sachen zustellen, leider auch Abfälle, die kein Sperrmüll sind. Die andere ist die, dass Massen von Sperrmüllsammlern darum wetteifern, noch etwas Brauchbares oder zumindest Geldbringendes aus den Sperrmüllhaufen zu suchen. Sind die Probleme erst in jüngster Vergangenheit akut geworden? Follmann: Die Probleme haben sich verstärkt. Der Sperrmülltourismus hat zugenommen. Viele Bürger schimpfen über die Fahrzeuge, die tagelang immer wieder die Straßen abfahren, um nach Möglichkeit etwas zu erhaschen. Gleichzeitig fördern die Leute den tagelangen Sperrmüllverkehr, indem sie die Abfälle Tage im Voraus bereitstellen. Nach Empfinden der zuständigen Mitarbeiter im Kreishaus hat auch folgendes Phänomen zugenommen: Auf der einen Seite nehmen viele Menschen Abfälle, die an der Straße stehen, negativ wahr und wollen diese am liebsten zu keinem Zeitpunkt sehen. Folge ist, dass die Beschwerden über die Abfallsammlungen an sich zunehmen. Auf der anderen Seite macht sich ein gewisser Egoismus breit, im Rahmen der Sperrmüllsammlung verschiedene Abfälle abzulagern, egal ob es sich dabei um Sperrmüll, Restmüll oder Problemmüll handelt.

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