Der Fotograf mit "F" und die Meisterwerke

WITTLICH. Henri Cartier-Bresson, Robert Lebeck, August Sander: Ihre Fotografien haben ihre Namen unsterblich gemacht. Das Meistermann-Museum widmet ihnen und anderen eine kleine Werkschau. Der Wittlicher Fotograf Helmut Thewalt hat sie besucht.

"Ah, hier hängt ja auch ein echter Thewalt", sagt der Mann selbstironisch und blickt auf ein Foto Georg Meistermanns am Treppenaufgang. Im ersten Stock des Museums, das den Namen des einst von ihm porträtierten Künstlers zeigt, blickt er dann in die lichten Räume mit den ausgestellten Arbeiten in Schwarz-Weiß: "Sind ja eine ganze Menge Granaten dabei." Helmut Thewalt, Fotograf, entdeckt einen Maler: Henri Matisse, wie ihn Henri Cartier-Bressons Auge und Kamera zeigt: "Den habe ich immer bewundert, diese Art von Fotografie: Ich suche nicht, ich finde." Er nimmt kurz die Brille ab und tritt näher ans Foto und sagt: "Matisse, die Situation, das kann man nicht inszenieren. Im Grunde ist es immer eine gigantische Komposition und trotzdem nur ein Foto." Vor Robert Lebecks Arbeiten stoppt der Wittlicher wieder: "Der war ja ein Stern-Mensch. Schade ist, dass viele gute Bilder von ihm nicht gedruckt wurden, weil sie nicht ins Journal passten." Angesichts der Schau und auf die Frage, was er denn von der digitalen Fotografie halte, meint Helmut Thewalt: "Bis vor einigen Jahren war Fotografie was für Spinner, junge Mütter und alte Leute. Jetzt gibt es ja eine wahre Inflation. Es wird von morgens bis abends eine Unmenge von Datenmüll produziert. Ansonsten ist es gleich geblieben. Nur die Werkzeuge haben sich ein bisschen geändert. Grundsätzlich aber bleibt das Licht immer wichtig. Das kann durch keine Technik ersetzt werden." Im nächsten Raum ruht auf einem Bild eine Schusterbank mit Werkzeug aus tiefstem Schwarz und Licht, eine Arbeit von Karl Hugo Schmölz: "Das können Sie digital gar nicht erreichen. Ich fotografiere ja auch am liebsten Stillleben: ein altes Stück Holz mit verrostetem Draht drumherum." Ein Stillleben ist auch der Augen-Anblick spiegelnder Tropfen, die Peter Keetmann abgelichtet hat: "Das ist doch wie eine Grafik. An einem solchen Bild kann man sich einfach erfreuen. Leider ist es in Deutschland noch nicht so ausgeprägt, sich statt eines Aquarells ein Original-Foto an die Wand zu hängen. Das kann übrigens auch als Sammelobjekt eine heiße Angelegenheit sein." Apropos Foto oder Photo: "Wie schreiben Sie sich denn?" "Mit ‚F‘. Das ist ja eine Glaubensfrage, aber ich habe mich nie als ‚Ph‘ gefühlt." Dennoch, Helmut Thewalt ist auch Mitglied der "DGPH", der Deutschen Gesellschaft für Photographie, in die man berufen wird. Vielleicht erklärt etwas aus Thewalts Foto-Vita den Unterschied zwischen "F" und "PH". Besonders gefreut habe ihn, dass als er seine Arbeiten in Maryland, USA, ausstellen konnte. Als er einen Vortrag vor Studenten der Fotoklasse halten sollte, habe er deren beeindruckende Technik gesehen, und sich gefragt, was er ihnen denn noch beibringen könne: "Da bin ich vor Ehrfurcht erstarrt. Bis man mir sagte: ‚Du machst das ja viel einfacher, erkläre doch einfach das.‘" Nach einer schlaflosen Nacht hat Helmut Thewalt vor den Studenten dann ein Stück Papier zerknüllt: "Ich habe gefragt: ‚Was seht ihr, welche Strukturen?‘ Dann habe ihnen gezeigt, was mit mit einer Lampe da rauskitzeln kann."Vom unbekannten Cartier-Bresson Foto

Überhaupt, das Licht und die Technik. Vor einem Foto von Otto Steinert lehnt Helmut Thewalt sich in die Fensternische des Museums: "Der hat ja mal eine Serie mit Nobelpreisträgern gemacht: Sehr konzentrierte Arbeiten: Die Augen waren scharf, die Nasenspitze unscharf. In einer Führung hat man uns dann dazu wortreich ein Konzept erklärt. Dann kamen Fotos seiner Schüler, die Steinert bei der Arbeit fotografiert haben. Da war mir klar: Das gestalterische Konzept war schlicht eine Notwendigkeit: Leichtes Tele, 100-Asa-Film, Hasselblad. Der konnte bei seiner Reise durch Deutschland keine Lampen mitschleppen. Er hat als Praktiker die Leute ans Fenster gesetzt und mit weißer Pappe aufgehellt." Beim Rückweg durch die Schau stoppt Helmut Thewalt wieder bei Henri Cartier-Bresson: "Als er nicht mehr gearbeitet hat, war er viel in Salzburg. Einmal beim Kaffee trinken, hat ein Pärchen ihn gefragt, ob er es nicht fotografieren könnte. Er hat's gemacht. Am Tisch haben alle gelacht. Wenn das Paar wüsste, dass es einen echten Bresson besitzt!" Die Ausstellung Meisterwerke der Photographie aus der Sammlung der Deutschen Gesellschaft für Photographie im Georg Meistermann-Museum Wittlich ist geöffnet bis 9. Januar, dienstags bis freitags 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr und samstags und sonn- und feiertags 14 bis 17 Uhr.

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