Der Glaube wird es schwerer haben

WITTLICH. Tief greifende Umstrukturierungen stehen dem Bistum Trier bis zum Jahr 2020 bevor. Wie das Leben in den dann 180 pastoralen Einheiten aussehen wird, darüber wird in den Gemeinden gerade heftig diskutiert.

 Das Bistum wird nach seiner tief greifenden Umstrukturierung zunehmend auf die Arbeit von Ehrenamtlern angewiesen sein. Wie das funktionieren soll, diskutieren derzeit die Gemeindemitglieder Erich Mertes, Anneliese Poth, Dechant Rudolf Halffmann und Inge Kaspar (von links). Foto: Petra Geisbüsch

Das Bistum wird nach seiner tief greifenden Umstrukturierung zunehmend auf die Arbeit von Ehrenamtlern angewiesen sein. Wie das funktionieren soll, diskutieren derzeit die Gemeindemitglieder Erich Mertes, Anneliese Poth, Dechant Rudolf Halffmann und Inge Kaspar (von links). Foto: Petra Geisbüsch

"Es ist ja nicht so, dass Gott sich zurückgezogen hätte", sagte Dechant Rudolf Halffmann in seinem einleitenden Vortrag, in dem er die bischöflichen Vorgaben erläuterte, an denen in den kommenden Jahren der Reformen kein Weg vorbei führen wird. Angesichts des deutlichen Priestermangels und schrumpfender Einnahmen ist klar: Mehr als 180 pastorale Einheiten wird es im Bistum nicht mehr geben, pro Dekanat sollen es vier bis sechs Einheiten sein. Bereits im nächsten Jahr sollen alle wegweisenden Entscheidungen über das Leben in den Gemeinden getroffen sein, um sie dann auf den Weg zu bringen und bis 2020 abzuschließen. Für das Dekanat Wittlich lautet die Empfehlung: fünf, höchstens sechs Pfarreiengemeinschaften für derzeit 40 Pfarreien.Positiv besetzt sind Kinder- und Jugendarbeit

Wie also könnte die Gemeinde der Zukunft aussehen? Zum Gemeindeforum waren ins Jugendheim St. Bernhard Katholiken aus sämtlichen Gruppierungen des kirchlichen Lebens geladen worden. In Gruppen erarbeiteten sie Antworten auf die grundsätzlichen Fragen, die im Laufe des Wandlungsprozesses gestellt werden: Was macht mir Sorgen in meiner Gemeinde oder Pfarreiengemeinschaft? Was erlebe ich als gut und hoffnungsvoll? Welche Wünsche und Visionen würde ich gerne auf den Weg bringen? Positiv besetzt sind in Wittlich Familiengottesdienste, Kinder- und Jugendarbeit generell, Taizé-Meditationen, Besuchsdienste, die Vinzenzkonferenz, die Integration Behinderter sowie das tragende Zusammengehörigkeitsgefühl in der eigenen Kerngemeinde, in der ein Netzwerk von miteinander wohl bekannten Menschen besteht. Eine der größten Sorgen resultiert aus der unumgänglichen Anonymität, die durch immer weniger Priester und andere Hauptamtliche in jeder einzelnen Gemeinde erwachsen wird. Angst vor anonymer Fließbandabfertigung, beispielsweise bei Beerdigungen, vor weiten Wegen zur sonntäglichen Messe, die nicht mobile Menschen und andere Gläubige zusätzlich isolieren könnte, und die Überlastung von Priestern und anderen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern, die sich heute schon vierteilen müssten, beherrschte die Diskussion in den Arbeitsgruppen. Alten- und Jugendarbeit könnten zu kurz kommen. Die meisten befürchten einen zunehmenden Glaubensschwund. Der viel beschworene "Mut zur Lücke" sei bei einigen inzwischen zur "Wut zur Lücke" geworden, während andere immer noch "dem Geist vertrauen, der weht, wo er will". Der Glaube, der stark von personalen Beziehungen lebt, wird es jedoch nach Ansicht der meisten zunehmend schwer haben. Es drohe der Ausverkauf der katholischen Kirche. Als negatives Beispiel musste immer wieder das Bistum Essen herhalten, wo rund 170 Kirchen zum Verkauf anstehen. Die von den versammelten Katholiken geäußerten Visionen zielten auf tief greifende Veränderungen in der katholischen Kirche: Die Mehrheit wünscht sich ein neues Nachdenken über die zölibatäre Priesterschaft, die Priesterweihe für Diakone, eine Kirchenleitung, die anders zu denken wage, das gemeinsame Abendmahl aller Christen, für jede Wohngemeinde einen hauptamtlichen Ansprechpartner und an erster Stelle und immer wieder: mehr Anerkennung und Entscheidungsspielräume für die vielen Laien, ohne die schon bald in den Gemeinden nichts mehr funktionieren würde. Eine solche Kirche würde für sich selbst sprechen und ganz von selbst wieder attraktiv werden.

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