Der jährlich auftretende Lesehunger

Wittlich · Der Lesesommer feiert zehnten Geburtstag. Auch in diesem Sommer besuchen viele Kinder die Stadtbibliothek Wittlich.

 Bibliotheksunterricht für Grundschüler am Computerkatalog der Stadt- und Kreisergänzungsbücherei Wittlich. Foto: Carl Münzel

Bibliotheksunterricht für Grundschüler am Computerkatalog der Stadt- und Kreisergänzungsbücherei Wittlich. Foto: Carl Münzel

Foto: (m_wil )

Wittlich (hd) Jung und Alt sitzen an einem Tisch und reden über ein Buch. Und das aus gutem Grund. Bis 19. August strömen wieder viele lesebegeisterte Kinder in die Bibliothek. Dieses Jahr ist bereits das zehnte Jubiläum des Lesewettbewerbs.
Und der funktioniert so: Junge Leser zwischen sechs und 16 Jahren können an dem Wettbewerb teilnehmen. Nach der Rückgabe eines gelesenen Buches findet zwischen einem Interviewer und dem Leser ein Gespräch statt, bei dem es um den Inhalt des Buches geht. Ziel ist, dass jedes Kind während des neunwöchigen Aktionszeitraums drei Bücher erfolgreich liest. Sofern dies gelingt, hat jeder Leser die Möglichkeit, einen Preis zu gewinnen. Einzelpreise können genauso gewonnen werden wie Gruppenpreise, etwa ein Besuch bei einer Kindertheatervorstellung oder einem Workshop, für die erfolgreichsten teilnehmenden Schulklassen.
Alle Kinder, die mit Erfolg am Lesesommer teilgenommen haben, erhalten neben einem positiven Vermerk auf dem Zeugnis auch eine Einladung zur Abschlussparty am Sonntag, 22. Oktober, im Festzelt des Wittlicher Oktoberfestes. Dort erhält jedes Kind ein kostenloses Getränk und eine Urkunde. Zusätzlich werden bei der Abschlussfeier den jeweiligen Gewinnern die Preise überreicht. Der Tv hat sich mit der stellvertretenden Leiterin der Stadtbibliothek Wittlich, Annette Münzel, 53, über die Leseveranstaltung unterhalten. "Für mich ist der Lesesommer ein toller Wettbewerb. Er ist etwas Besonderes für die Kinder, bei denen die Lust am Lesen im Zuge des Lesesommers immer weiter gesteigert wird. Die Teilnehmer entwickeln ihre Lesefähigkeiten weiter und können nach der Rückgabe des Buches durch das Gespräch die Geschichte mit dem Interviewer teilen", erzählt Münzel begeistert.
Während in anderen Bundesländern die Teilnehmerzahlen am Lesesommer oder ähnlichen Wettbewerben leicht zurückgingen, sei sie mit der Anzahl der Teilnehmer immer noch sehr zufrieden.
Beim Lesesommer bekommt jedes Kind eine Clubkarte. Und falls in dieser mindestens drei erfolgreich gelesene Bücher inklusive Stempel zu finden sind, gelangt die Karte in den Lostopf für die zu gewinnenden Preise. "Wir haben im letzten Jahr auch erstmalig einen englischen Lesesommer veranstaltet. Für die zweite englische Ausgabe hat sich die Teilnehmerzahl erhöht. Manche tun sich jedoch im anschließenden Gespräch über das Buch auf Englisch ein wenig schwer", sagt sie und kann sich ein Lachen nicht verkneifen. "Auch die auf Englisch gelesenen Bücher werden in eine Clubkarte eingetragen, nur mit anders farbigem Stempel", merkt Münzel an.
Auch Anita Sottmeier, 72, eine Interviewerin des Lesewettbewerbs, ist hocherfreut über den Jahr für Jahr ausgetragenen Lesesommer. "Es ist eine sehr spannende Veranstaltung. Nach einem gelesenen Buch präsentieren sich die Kinder im Interview oft erzählfreudig. Wenn sie äußerst ausführlich vom Inhalt des Buches erzählen, muss man sie sogar ein wenig bremsen. Die anderen Kinder wollen ja auch irgendwann dran kommen", sagt Sottmeier und schmunzelt. Ihr sei es wichtig, dass sie Kindern nicht den Eindruck vermittele, ihnen Druck aufzuzwingen.
Sie sollen Spaß beim Lesen sowie beim Gespräch danach haben, und all das sollte nicht mit Stress verbunden sein. Denn das sei nicht der Sinn des Wettbewerbs, so die 72-Jährige. Sottmeier ist seit fünf Jahren als Interviewerin beim Lesesommer dabei und werde dies laut eigener Aussage die nächsten Jahre auch weiterhin sein. "Ein kleiner Junge sang mir mal ein Lied aus einem von ihm gelesenen Buch komplett vor", erzählt Anita Sottmeier von ihrem bislang schönsten Erlebnis.
Wie bei Münzel und Sottmeier fallen auch bei befragten Kindern die Bewertungen bezüglich des Lesesommers positiv aus. Sie seien sehr interessiert am Lesen und werden auch im kommenden Jahr wieder zum Lesesommer erscheinen, so der Tenor der Kinder.Extra: DER LESESOMMER IN ZAHLEN


Beim Lesesommer 2017 gibt es 954 Teilnehmer, 55 Prozent davon sind weiblich, 45 Prozent männlich. 55 Prozent der Leser befinden sich im Grundschulalter (sechs bis neun Jahre), die restlichen 45 Prozent sind zwischen zehn und 16 Jahre alt. In diesem Jahr sind 1558 Bücher für den Lesesommer verfügbar. Es wurden bisher zwischen 5000 und 6000 Interviews zu gelesenen Büchern geführt. Für diese Interviews engagieren sich knapp 40 Ehrenamtliche. Die Quote der erfolgreichen Teilnahmen (drei gelesene Bücher) lag in den Vorjahren konstant bei etwa 75 Prozent.Extra: DREI FRAGEN AN ANNETTE MÜNZEL


Seit wann arbeiten Sie schon bei der Stadtbibliothek Wittlich? ANNETTE MÜNZEL Ich bin, inklusive einer siebenjährigen Unterbrechung, seit 1986 in der Stadtbibliothek. Wie gestalten Sie ihre Freizeit? MÜNZEL Ich betätige mich sportlich, gehe laufen, schwimmen und auch ab und zu wandern. Natürlich lese ich auch gerne Bücher, mein letztes Buch hieß "Allgemeine Theorie des Vergessens" von José Eduardo Agualusa. Es handelt von einem Bürgerkrieg in Angola, bei dem eine Frau 30 Jahre in einem Haus eingeschlossen ist und überlebt. Ich liebe es, in das Leben und die Schicksale anderer Menschen einzutauchen. Was wünschen Sie sich für die Zukunft? MÜNZEL Ich hoffe, dass die Stadtbücherei auch zukünftig so lebendig ist wie bisher. Außerdem würde ich mir wünschen, dass die engen Kooperationen zu den Kitas und den Schulen erhalten bleiben.

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