Der lange Kampf gegen die Behinderung

Wintrich · Vor einem Jahr wurde Christian Linden aus Wintrich bei einer Schlägerei so schwer verletzt, dass er ins Koma fiel und mühsam wieder lernen musste, alltägliche Dinge zu verrichten (der TV berichtete). Der 26-Jährige kämpft weiter - er will irgendwann wieder ein ganz normales Leben führen.

 „Umso schneller, umso besser“: Die Bürokratie hat Christian Linden bei seiner Rehabilitation schon viel Zeit gekostet. TV-Foto: Anita Lozina

„Umso schneller, umso besser“: Die Bürokratie hat Christian Linden bei seiner Rehabilitation schon viel Zeit gekostet. TV-Foto: Anita Lozina

Wintrich. Ein Tag veränderte sein ganzes Leben: Im September 2010 war der damals 25-jährige Christian Linden mit seinen Freunden auf einem Vereinsausflug in Göttingen, als es an einem Abend auf offener Straße eine Schlägerei gab. Dabei wurde Linden schwer am Kopf verletzt und fiel ohnmächtig zu Boden.
Die genauen Umstände, wer daran beteiligt war und wie es zu der Schlägerei kam, sind bis heute nicht geklärt. Gegen zwei Jugendliche wurde damals ermittelt. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren aber ein. Für Linden jedoch waren die Folgen dramatisch.
Fünfeinhalb Stunden lang musste der junge Mann notoperiert werden, danach wurde er für vier Monate in ein künstliches Koma versetzt. Monate später folgten Operationen an der eingedrückten Schädeldecke. Linden musste starke Medikamente nehmen, die seine Leber schädigten. Er leidet zudem an Amnesie, an die Schlägerei kann er sich kaum noch erinnern. Das Leben des einst sportlichen Mannes änderte sich plötzlich grundlegend.
Während langer Aufenthalte in Reha-Zentren lernte Linden wieder, alltägliche Aufgaben zu bestreiten. Die Fortschritte sind enorm: Zuerst konnte Linden nur wenige Meter alleine gehen, jetzt sind es immerhin zwei Kilometer. Er kann wieder ganz normal sprechen und auch alleine essen. Noch vor wenigen Monaten schien das absolut undenkbar. Der junge Mann ist dementsprechend voller Tatendrang: "Ich will weitermachen, mit professioneller Unterstützung." Irgendwann wolle er wieder ein normales Leben führen und in seinem erlernten Beruf als Maurer arbeiten.
Und doch: Noch kann sich der junge Mann nicht selbst rasieren oder duschen, immer wieder hat er Zitteranfälle. Sein Behindertengrad beläuft sich derzeit auf 80 Prozent. Die körperlichen Beschwerden wirkten sich auch im Privatleben aus: Seine Freunde von früher hat er verloren. Aber er hat auch neue gewonnen - wie seine Fußballfreunde aus Piesport. "Die sind eine tolle Unterstützung", sagt er. Auch sein Bruder und dessen Frau, die beide in Pflegeberufen tätig sind, sowie seine Mutter Ursula Linden helfen ihm.
"Doch diese Fortschritte werden durch die Bürokratie ausgebremst", sagt der junge Mann. Zuletzt wurde ein Reha-Antrag vom Mai abgelehnt. Linden wollte zum Reha-Zentrum der Median Klinik Burg Landshut. Schon einmal hatte er dort eine Therapie gemacht und große Fortschritte erzielt, brach aber die Therapie wegen Depressionen ab. "Damals hieß es von der Krankenkasse, er könne die Reha nach einer dreimonatigen Pause wieder antreten", sagt Ursula Linden.
Als er sich dann stark genug dafür fühlte, wurde ihm aber stattdessen nahegelegt, bis 2013 in die Teilzeitrente zu gehen - der Fall wurde an die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz übertragen. Für Linden ein Schock: "Was will ich mit der Rente? In 40 Jahren, klar, aber doch nicht jetzt!" Der abgelehnte Reha-Antrag galt automatisch als Rentenantrag, dem Linden widersprechen konnte.
Neuer Termin beim Reha-Zentrum


Das tat er auch: Nach mehreren Attesten von Ärzten, die sich für eine Rehabilitationsmaßnahme aussprachen, kann Linden zwar nun doch seine Reha machen und muss nicht in Rente gehen, teilt Joachim Schott von der Deutschen Rentenversicherung auf TV-Anfrage mit. "Die Umstände haben sich damit geändert, Lindens Fortschritte waren vorher für uns nicht zu erkennen."
Doch allein dieses Verfahren dauerte rund zwei Monate. "Es geht für ihn wegen der Bürokratie so viel Zeit verloren", sagt Lindens Mutter. Für den Moment aber kann die Genesung wieder vorangehen. Linden kann nun beim Bernkasteler Reha-Zentrum einen Termin vereinbaren. Er freut sich jetzt schon darauf: "Umso schneller, umso besser!"

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