Forstverwaltung Der Herr der sieben Köpfe verabschiedet sich: Gerd Womelsdorf geht in den Ruhestand

Rhaunen/Morbach · Borkenkäfer, Klimawandel oder der Umbau des Waldes – Gerd Womelsdorf hat sich als Leiter des Forstamtes Idarwald vielen Herausforderungen stellen müssen. Nach 34 Jahren im Dienst für die Hunsrück-Wälder geht er nun in den Ruhestand.

Der scheidende Leiter des Forstamtes Idarwald, Gerd Womelsdorf, erläutert vor einer neu angelegten Buchenpflanzung innerhalb eines Fichtenwaldes den Waldumbau.

Der scheidende Leiter des Forstamtes Idarwald, Gerd Womelsdorf, erläutert vor einer neu angelegten Buchenpflanzung innerhalb eines Fichtenwaldes den Waldumbau.

Foto: Strouvelle Christoph

34 Jahre lang war Gerd Womelsdorf für die Wälder im hohen Hunsrück zuständig. Erst als Leiter des Forstamtes Morbach, zuletzt als Leiter des Forstamtes Idarwald mit Sitz in Rhaunen. Jetzt verabschiedet sich der nach seinen Aussagen dienstälteste Forstamtsleiter des Landes Rheinland-Pfalz und damit der „Herr der sieben Köpfe“ in den Ruhestand.

Sieben Köpfe bedeutet, dass in seinem Zuständigkeitsbereich gleich sieben Berggipfel des Hunsrücks oder Köpfe, wie sie hier genannt werden, liegen: Der Usarkopf, die Sensweiler Höhe, der Steingerüttelkopf, die Kahlheid, An den Zwei Steinen und der Idarkopf. Hinzu kommt der Erbeskopf, mit 816 Metern die höchste Erhebung in Rheinland-Pfalz.

Sein Zuständigkeitsgebiet bezeichnet er als „sehr abwechslungsreich“. Zum einen erstrecken sich die darin befindlichen 18.645 Hektar Waldfläche zwischen 300 und 816 Höhenmetern in den Landkreisen Bernkastel-Kues, Birkenfeld und zu einem kleinen Teil auch im Rhein-Hunsrück-Kreis.

Zudem ist Womelsdorfs Revier reich an Naturschätzen. Dazu gehören beispielsweise 8500 Hektar Waldfläche in FFH-Gebieten, zehn Naturschutzgebiete mit dem 740 Hektar umfassenden Hangbrüchern bei Morbach, ein Gebiet mit „bundesweiter Bedeutung“, wie Womelsdorf hervorhebt und außerdem seltene Sonderbiotope in großflächiger Ausprägung, wie weitere Hangbrücher, Bruchwälder, verschiedene Moore sowie Nieder- und Trockeneichenwälder. „Das Forstamt Idarwald ist eines der schönsten in Rheinland-Pfalz, wegen der Vielfalt im Waldaufbau. Zudem ist die Verjüngung des Waldes sehr weit fortgeschritten“, sagt Womelsdorf.

Gleich zu Beginn seiner Amtszeit musste sich Womelsdorf als junger Forstamtsleiter 1990 den Auswirkungen des Sturmes Wiebke stellen, der seinerzeit ganze Waldstücke vernichtete. 250.000 Festmeter Fichte seien seinerzeit umgeweht worden. Der übliche Jahreshieb habe bei 80.000 Festmeter gelegen. Doch die Stürme seien nicht das größte Problem seiner Amtszeit gewesen. „Wiebke war eine Herausforderung, aber der Borkenkäfer ist es noch mehr“, sagt Womelsdorf. In den Jahren 2018 bis 2022 seien etwa 240.000 Festmeter an Schadholz zusammengekommen. „In diesem Jahr könnten es 150.000 Festmeter werden“, ist Womelsdorfs grobe Schätzung.

Doch als die größte Aufgabe in seiner Amtszeit betrachtet er den Generationenwechsel in den Forsten mit dem Waldumbau. Eine seiner ersten Amtshandlungen sei der Verzicht auf planmäßigen Kahlschlag gewesen. „Wir haben viele Fichtenaltbestände“, sagt er. „1992 haben wir mit dem Waldumbau begonnen, weg vom Reinbestand der Fichte hin zum Laub-Nadel-Mischwald“, sagt er. Kahlflächen, die heute durch den notwendigen Hieb wegen des Borkenkäferbefalls entstanden sind, werden heute mit Traubeneichen, Kirschen, Spitzahorn, Bergahorn, Buchen und Douglasien wieder aufgeforstet. „Der Waldumbau bleibt auch eine Herausforderung für meinen Nachfolger“, sagt er.

In seiner Amtszeit seien im Staatswald keine Fichten mehr gepflanzt worden. Jüngere Fichtenbestände seien durch Naturverjüngung entstanden. Heute würden die Wälder des Idarwaldes von Mischbeständen geprägt, unter deren Kronen bereits auf großen Flächenanteilen die nachfolgende Waldgeneration im Wartestand stehe, sagt er. Deshalb sei man mit dem Waldumbau im Forstrevier Idarwald bereits sehr weit fortgeschritten.

Ein weiteres Problem, das auf seinen namentlich noch nicht bekannten Nachfolger zukommt, sei es, Leute und damit Manpower für die Waldarbeit zu gewinnen. Die Belastung der Beschäftigten im Forst sei gestiegen, durch die größeren Forstreviere und den starken Personalabbau in allen Ebenen. Das derzeitige Team sei bereits überaltert. „Die sind nícht mehr so leistungsfähig wie ein Dreißigjähriger. Wir brauchen Leute, Leute, Leute. Der Borkenkäfer kommt als Herausforderung noch obendrauf“, sagt Womelsdorf.

Auch der Verlust der Kompetenzführerschaft schmerzt den scheidenden Forstamtsleiter. „Wurde früher zuerst der Förster in Waldfragen angesprochen, wird sein Wirken heute oft auf die Holzproduktion beschränkt, und sind es heute die Verbände und Naturschutzorganisationen, denen mehr Wissen um den Wald zugetraut wird“, sagt er.

Und spielt damit womöglich auch auf ein umstrittenes Projekt zwischen den Morbacher Ortsteilen Bischofsdhron und Hinzerath an. Der Umbau eines Waldweges dort war im Dezember gestoppt worden. Das Forstamt hatte die zuständigen Naturschutzbehörden vorab nicht einbezogen, die nun Probleme für den Wasserhaushalt der angrenzenden Moore prüfen.

Um was will sich Womelsdorf künftig im Ruhestand vermehrt kümmern? „Um die Familie, die ist viel zu kurz gekommen“, sagt der Vater von vier Kindern und Großvater von drei Enkeln. „Und ich will endlich mal mehr in den Wald gehen“, sagt er und lacht. „Und nicht nur am Schreibtisch und am Computer sitzen.“ Außerdem hat er sich vorgenommen, viel Rad fahren und spazieren zu gehen, um seine Fitness zu steigern. Und durch die Jagd will er seinem Nachfolger helfen, die Bestände von Hirsch und Reh im Zaum zu halten. Er ist überzeugt:  „Es geht nicht ohne eine Regulierung der Wildbestände.“ Vielleicht macht er dies gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Horst? Der ist Forstamtsleiter in Daun und wird ebenfalls zum 31. Januar 2023 verabschiedet.

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