Der letzte Vorhang ist gefallen: Wintricher Passionsspiele sind zu Ende gegangen

Wintrich · Nach den Passionsspielen ist vor den Passionsspielen. Für die Zukunft sieht Spielleiter Dirk Kessler seine mehr als 200 Mann starke Truppe gut aufgestellt. Ein Team ist dabei von großer Bedeutung.

 „Kreuziget ihn, ans Kreuz mit ihm“: Die Premiere der Passionsspiele Wintrich stieß beim Publikum auf große Begeisterung. TV-Fotos (6): Klaus Kimmling

„Kreuziget ihn, ans Kreuz mit ihm“: Die Premiere der Passionsspiele Wintrich stieß beim Publikum auf große Begeisterung. TV-Fotos (6): Klaus Kimmling

Foto: Klaus Kimmling (m_mo )

Der letzte Vorhang ist gefallen, der erste Bart ist ab, die Männer sind von langem Kopf- und Barthaar erleichtert. In der Winzergemeinde Wintrich sind die Passionsspiele zu Ende gegangen. Nahezu 9000 Besucher aus ganz Deutschland sowie dem benachbarten Ausland wurden in 26 Aufführungen Zeuge des Leidens, Sterbens und der Auferstehung Christi.

Die lila Passionsfahnen wehen noch im Wind, in der Pfarrkirche St. Stephanus klingt ein letztes Mal Händels Halleluja. Dann zeigt sich unter dem Beifall der Besucher die ganze Passionsspielgemeinschaft Wintrich auf der Kirchenbühne. Tränen stehen vielen der Mitwirkenden in den Augen. Jesus und Judas halten sich an der Hand, die Mitspieler spenden auch dem Publikum Beifall.

Ein Jahr lang intensive Proben, über mehrere Wochen 26 Aufführungen - eine anstrengende Zeit liegt hinter den Mitwirkenden der Wintricher Passion. Aber es war auch eine wunderbare Zeit der Gemeinschaft, eine Zeit des gemeinsamen Erlebens. Alt und Jung standen gemeinsam auf der Bühne, niemanden hat die Passion kalt gelassen. Seit 1997 gingen die Passionsspiele alle fünf Jahre ohne Unterbrechung über die Bühne. Und sie werden weiter gehen. "Wir haben eine ganz tolle Jugendgruppe, die sich mit Passion der Passion widmet, damit ist die Zukunft gesichert", freut sich Spielleiter und Judas-Darsteller Dirk Kessler.

Das "Team Jesus" besteht aus rund 30 jungen Leuten zwischen 16 und 30 Jahren, die auch neuen Schwung in die Passion bringen. "Zwischen Alt und Jung herrschte eine tolle Harmonie, ein sich ergänzendes Miteinander", bestätigt Hans-Otto Gorges vom Organisationsteam. Die Darstellung der Passion ist viel mehr als nur Bühnenspiel, denn eines zählt für alle: die Vermittlung von Werten wie Menschlichkeit, Toleranz und Nächstenliebe. "Jesus war ein toller Mensch", sagen Eva-Maria Schmitz, Juliana Kessler und Pascal Hubert. "Jesu Botschaft ist damit heute aktueller denn je", bemerkt Jonas Merges, der zum ersten Mal dabei ist und auch erstmals den Jesus verkörpert. Für den 19-Jährigen war es ein tolles Gemeinschaftserlebnis. Veronika Beringhoff und Susanne Kessler gingen ganz auf im "Teuflischen". Denn die Rolle des Satans eröffnete den jungen Frauen ungeahnte Möglichkeiten des Aus-Sich-Herausgehens. Den "neuen" Pilatus alias Philipp Kampfmann faszinierte diese Person mit all ihren Schwächen, während Jennifer Petry ihre Rolle als Maria Magdalena schätzte: eine unkonventionelle Frau voller Emotionen.
Mit Wehmut schaute Josefa Gorges auf das Geschehen. Die 87-jährige sang schon 1947 im Chor. Die letzten beiden Male half sie in der Küche, während nun sechs ihrer Enkel mit für die Zukunft der Passion sorgen. Eine der Ältesten hinter der Bühne ist Alwine Scherer. Die 92-Jährige sorgt mit für das leibliche Wohl der Besucher: "So Gott will, bin ich auch beim nächsten Mal wieder dabei", sagt sie.

Der dienstälteste Akteur ist Otmar Binz. Zum siebten Mal ist er begeistert von der Gemeinschaft. Sie ist es auch, die Mitspieler aus Orten der Mosel, vom Hunsrück und aus der Eifel weite Wege fahren und unzählige Probenstunden absolvieren lässt. 2022 hebt sich der Vorhang wieder für die nächsten Passionsspiele.

Eine Multimediareportage ist unter www.volksfreund.de/passion zu sehen.

Extra: Die Passionsspiele in Zahlen und Fakten

Seit 1902 finden in Wintrich Passionsspiele statt, unterbrochen von mehreren Pausen, seit 1997 alle fünf Jahre in Folge. Mehr als 200 Mitwirkende vom Kind bis zum Greis, 85 Chormitglieder, zahlreiche Helfer, die während der 26 Aufführungen in 600 Acht-Stunden-Schichten hinter der Bühne ihren Dienst tun. Das "längste" Gewand trug Pilatus: Sechs Meter Stoff wurden ohne Nadel und Schnallen rund um den Körper gewickelt.

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