Der Mensch im Mittelpunkt des Handelns

Wittlich · Wie gehen Menschen unterschiedlicher Religionen in ihrem Berufsalltag mit dem Thema Glauben um. Darum ging es in einer Gesprächsrunde im St.-Markus-Haus.

Wittlich. Unter dem Titel "Religiöse Überzeugungen im Krankenhaus: Bedeutung des Menschenbildes von Christen und Muslimen für ihr Handeln am Menschen" stand der jüngste christlich-islamische Gesprächsabend. In seiner Begrüßung der rund 45 Teilnehmer sprach sich Rudi Kemmer (Pax Christi Gruppe Wittlich) für "ein nachhaltig ausgerichtetes Verständnis unserer Werte aus". Und er stellte fest, "dass wir über Unterschiede in Wahrhaftigkeit und in Respekt voreinander sprechen müssen".
In seinem eröffnenden Vortrag zeigte Nils Fischer (Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar), wo Religion und Kultur im Krankenhaus präsent sind. Häufig werde das Thema "Religion und Kultur" im Krankenhaus auf die Ebene der Patienten reduziert. Dabei werde übersehen, dass es auch einen weltanschaulichen beziehungsweise religiösen Rahmen gibt. Diesen geben beispielsweise ein christlicher Träger bereits deutlicher vor als ein "säkularer". Aber auch auf weiteren Ebenen im Krankenhaus seien Religion und Kultur wichtig: auf der Ebene der Angestellten, der Angehörigen, der Teams im Krankenhaus, der Leitung aber auch des Krankenhausumfelds. Unter der Frage, was der Glaube und das Menschenbild für sie als muslimische Ärztin für ihre Arbeit am Menschen im Krankenhaus bedeutet, fand Canan Azak, Oberärztin im St.-Elisabeth-Krankenhaus in Wittlich, sehr persönliche Worte: "Nicht nur jede Arbeit, wie auch meinen Beitrag jetzt, jede OP, jede Geburt, die ich als Gynäkologin begleite, jede Kontaktaufnahme mit einem Patienten, jeden neuen Tag beginne ich mit ,Bismillahi Rahmani Rahim`. Das bedeutet: Im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes!"
Azak berichtet, dass ihre Religion sie gelehrt habe, dass der Sinn des Lebens darin bestehe, der Menschheit zu dienen und das unabhängig von ethnischer Herkunft und Religion. "Allah liebt jeden einzelnen Menschen!" Denn "Allah ist der Allerbarmer. Der Dienst am Menschen ist direkt Dienst an Allah." Jede Krankheit habe ihrer Ansicht nach ihren Sinn. Gesundheit sei nicht selbstverständlich. Man lerne sie erst durch den Gegenpool der Krankheit zu schätzen. Neben der medizinischen Versorgung sieht Azak ihre Aufgabe als Ärztin auch darin, diese positive Betrachtungsweise und Energie dem Kranken zu vermitteln und weiter zu geben, sei es in Worten, durch ihre Haltung oder im Anblick.
Im Anschluss daran und aus der Sicht eines katholischen Christen stellte Nils Fischer fest, dass Christen sich darin schwer tun, in der Öffentlichkeit über ihren Glauben zu sprechen und ihr von ihren Glaubensüberzeugungen begründetes Handeln zu benennen. Fischer machte deutlich, dass die Erfahrung und Erfahrbarkeit von Religion im Alltag abnehme, deswegen zeige sich vielen der Islam besonders deutlich.Das anschließende Gespräch mit den Referenten war lebhaft und intensiv, da von Seiten der Teilnehmer persönliche Erlebnisse eingebracht und zur Diskussion gestellt wurden. Es zeigte sich zum Beispiel, dass die Präsenz von Religion im christlichen Krankenhaus sehr unterschiedlich wahrgenommen wird.
Die einen erleben es als fast ununterscheidbar zum weltanschaulich neutralen Krankenhaus während die anderen die christliche Prägung deutlich erfahren. Ganz konkret wurde diese deutlich beim Wunsch der in der Region Wittlich lebenden Muslime nach einem islamischen oder einem interreligiösen Gebetsraum im hiesigen St.-Elisabeth- Krankenhaus.
Im Zentrum des Gesprächs stand als geteilte Überzeugung, dass der Mensch im Mittelpunkt des Handelns steht. Die Motivation für das Handeln sowohl von Muslimen als auch von Christen am Mitmenschen besteht in dem umfassenden Verständnis, dass jeder Mensch Geschöpf Gottes ist. red

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