Der Schulbetrieb ist noch überall gesichert

Nirgendwo in der Region gibt es mehr Zwergschulen als im Landkreis Bernkastel-Wittlich. Im Bestand aktuell gefährdet ist nach Auskunft der Schulaufsicht kein Grundschul-Standort. Wie das Beispiel der Schule Ürzig gezeigt hat, kann sich das jedoch schnell ändern.

Wittlich. Im Vergleich mit den anderen Kreisen in der Region hat der Landkreis Bernkastel-Wittlich zwar nicht die meisten Erstklässler. Mit 43 Grundschulen ist der Kreis aber im Vergleich mit den Nachbarn üppig ausgestattet. Und an jeder einzelnen wollen die Verantwortlichen möglichst lange festhalten. Auch wenn es an 14 Standorten nicht mal für jeweils eine eigene Klasse pro Jahrgangsstufe reicht.

Besonders viele solcher sogennanten Zwergschulen gibt es an der Mosel. Allein in der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues haben fünf Grundschulen weniger als zehn neuen Erstklässler. In Veldenz gab es nur zwei Anmeldungen. "Wir wissen, dass es teilweise eng ist und noch enger wird", sagt Heiner Nilles von der Verbandsgemeinde-Verwaltung Bernkastel-Kues. Die VG als Träger der Schulen werde von sich aus keinen Schulstandort schließen. "Die Grundschulen sind wichtiger Teil der Identität", sagt Nilles. Doch auf Biegen und Brechen ließen sich die Schulen nicht erhalten. Besonders dann, wenn die Eltern wie in Ürzig mit den Füßen abstimmten, sagt Nilles.

Das Beispiel Ürzig hat gezeigt, dass kleine Grundschulen innerhalb von Tagen geschlossen werden können. In der Moselgemeinde hatten 2007 Eltern ihre Kinder in Zeltingen-Rachtig angemeldet, weil in Ürzig aufgrund von Schülermangel die drei ersten Schuljahre gemeinsam unterrichtet werden sollten. Am Ende wollten nur noch vier Elternpaare ihre Kinder in Ürzig unterrichten lassen. Damit war der Schulbetrieb nicht mehr aufrechtzuerhalten.

Nach einer Faustregel gelten Standorte mit 30 Kindern in vier Schuljahren als überlebensfähig. Nur 29 Schüler sind es in Wintrich. Hart an dieser Grenze liegen die Schulen in Bernkastel-Wehlen, Morbach-Gutenthal und Trittenheim mit jeweils 33 Schülern. Laut Aufsicht- und Dienstleistungsdirektion Trier sind es in Veldenz 35 und in Lieser 39.

Den Vergleich zwischen einer Zwergschule und einer herkömmlichen Grundschule kann Elisabeth Mager ziehen. Sie ist sowohl in Trittenheim als auch in Neumagen-Dhron Rektorin. In Trittenheim werden Schüler der Klassen 1 und 2 sowie 3 und 4 jeweils gemeinsam unterrichtet. "Der Unterricht in kombinierten Klassen hat auch Vorteile. Schwächere Schüler des älteren Jahrgangs können den Stoff noch einmal wiederholen", sagt Mager. Stärkere Schüler des unteren Jahrgangs könnten sich wiederum am Unterricht des älteren Jahrgangs orientieren.

Das Geld spielt bei der Entscheidung über den Fortbestand einer Schule im Landkreis bisher keine Rolle. "Für uns zählt der Grundsatz, kurze Beine - kurze Wege", sagt beispielsweise Theo Gätz von der Gemeindeverwaltung Morbach. In der Einheitsgemeinde gibt es zwei Zwergschulen. Ähnlich argumentiert Gerlinde Neurohr. Sie ist Ortsbürgermeisterin der Ortsgemeinde Malborn, die Trägerin der Grundschule mit 46 Kindern in zwei Klassen ist.

Meinung

Niemand will Buhmann sein

Jeder weiß es, keiner tut was. Wie bei der Schulentwicklung im Landkreis Bernkastel-Wittlich üblich, setzen die Kommunalpolitiker darauf, dass es schon irgendwie gut geht und die Grundschulen alle erhalten bleiben können. Doch die Mini-Standorte sind nicht alle zu halten. Das weiß auch jeder, der sich ein wenig mit der Materie beschäftigt. Anstatt dieser Tatsache ins Auge zu blicken, äußern alle Beteiligten offiziell die Hoffnung, dass es spätestens im nächsten oder dann im übernächsten Jahr wieder aufwärtsgeht. Und deshalb bewegt sich niemand. Denn alle fürchten, dass sie als Buhmann dastehen, wenn sie Klartext reden. Der könnte beispielsweise so lauten: Alle Grundschulen mit weniger als 40 Schülern werden dichtgemacht. Das würde die übrigen Standorte stärken und deren Zukunft sichern. Dann könnten die Eltern sicher sein, dass ihre Kinder vier Jahre lang eine Schule besuchen und nicht wie in Ürzig über Nacht der Schulort gewechselt werden muss. Solche Aktionen werden sich jedoch in Zukunft im Kreis wiederholen, wenn nicht bald Klartext geredet wird, anstatt auf ein bevölkerungspolitisches Wunder zu hoffen. h.jansen@volksfreund.deEXTRA Schulentwicklungsplan: Im Schulentwicklungsplan des Landkreises Bernkastel-Wittlich spielen auch die Grundschulen eine Rolle. Das Fachbüro stellt darin fest, dass die Schülerzahlen "trotz der einbezogenen Neubauvorhaben stark oder gar dramatisch einbrechen". Ziel des Schulentwicklungsplans ist es trotzdem, alle bestehenden Schulstandorte zu erhalten. (har)

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