Der Stadt die Krone wieder aufsetzen

WITTLICH. Manch einer kennt es aus Erzählungen, einige Straßen erinnern noch heute daran. Doch die Mehrheit der Bevölkerung weiß nichts von ihm, dem einstigen Wittlicher Wahrzeichen Schloss Philippsfreude. Der Historiker Patrick André Bourassin möchte es jetzt rekonstruieren.

Mit einer Höhe von fast 20 Metern thronte es über den Dächern der Stadt: das Wittlicher Schloss Philippsfreude nahe des Viehmarktplatzes. Bis nach Dreis war der Palast sichtbar. Wittlich war Philippsfreude, und Philippsfreude war Wittlich – bis Steuereinnehmer Johann Baptist Walter eine folgenschwere Entscheidung traf. Vor mehr als 200 Jahren verkaufte er den Prachtbau und mit ihm ein Stück Heimatgefühl. Das Gebäude wurde abgerissen.Studienrat Patrick André Bourassin beschäftigt sich seit langem mit der kurfürstlichen Residenz. Als "Verbrechen" bezeichnet er das Handeln Walters. "Den Skandal von damals sollten wir schnellstens rückgängig machen", fordert der Franzose – und seine Kritik ist nicht neu. Noch drastischer hatte es vor Jahrzehnten bereits der frühere Wittlicher Bürgermeister Matthias J. Mehs ausgedrückt: "Mit der Niederlegung des Schlosses ist der Stadt die ganze Zukunft verpfuscht worden. Mit dem Schloss und seinen Parkanlagen wäre Wittlich heute ein heiterer, anmutiger Luftkurort!"Bourassin appelliert daher an alle Bürger: "Wir können die Irrtümer der Geschichte gut machen. Baut euer Schloss wieder auf!" Etwas Außergewöhnliches sei das nicht: Ob Burg Pyrmont, einst bekannt als "schönste Ruine der Eifel", nach langem Wiederaufbau 1990 eröffnet, oder auch die barocke Abteikirche Himmerod, die erst 1960 komplett wiederaufgebaut wurde. Der Geschichtslehrer kann zahlreiche Beispiele nennen, und er weiß: "Ein historisches Bauwerk ist ein Anziehungspunkt!"Was etwa wäre Wien ohne Hofburg, Belvedere ohne Schönbrunn? Mit Philippsfreude hätte Wittlich sein Wahrzeichen zurück. Würde man sich konkret mit dem Schloss-Wiederaufbau beschäftigen, dann hätte der Plan sehr gute Erfolgsaussichten, davon ist Bourassin überzeugt. Das Wissen sei vorhanden. Er selbst sei im Besitz einer riesigen Quellensammlung mit Skizzen und Originalplänen. Über die Gründung eines Fördervereins werde derzeit nachgedacht.Auch mit der unmittelbaren Nutzung eines solchen Baus hat sich der Historiker beschäftigt: Aus finanziellen Gründen würde lediglich die Fassade rekonstruiert. Ein Schloss sei attraktiver Geschäftsplatz, Innenräume sollten vermarktet werden. Gleichzeitig könne man die unendliche Geschichte der Stadthalle zu Ende schreiben. Mit seinen 55 Metern Länge biete das Gebäude genügend Raum. "Unser Palais wäre kulturelles und wirtschaftliches Zentrum", schwärmt er."Der Weg ist noch weit, aber den hoffentlich ersten Schritt können wir bald unternehmen", sagt Bourassin, der innerhalb der nächsten Wochen die Umrisse des Bauwerks am Boden aufmalen wird. Spätestens zur Säubrennerkirmes sollen die Arbeiten beendet sein. Ob aus seiner Vision Wirklichkeit wird, müsse dann alleine das Volk entscheiden.

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