Der tiefe Sturz eines wütenden Rächers

Cochem · Ein kurioser Fall von Selbstjustiz hat das Amtsgericht Cochem beschäftigt. Das Gericht hat den 23-jährigen Angeklagten nun wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer zehnmonatigen Haftstrafe mit drei Jahren Bewährung verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Cochem. Das Verhängnis beginnt in einer Cochemer Disco am 1. September 2012: Der angetrunkene Angeklagte gerät mit anderen Gästen aneinander und wird mit einem harten Gegenstand auf den Kopf geschlagen, so dass er bewusstlos zu Boden geht.
Schläge mit dem Radkreuz



Als er zu sich kommt, rennt der 23-Jährige in Begleitung seiner Freunde in Richtung Parkhaus, weil sie dort den Angreifer vermuten. Auf der Rampe blockieren sie einem Fahrzeug die Ausfahrt, in dem mehrere junge Leute sitzen - ebenfalls Besucher des Lokals.
Als der Beifahrer aussteigt, um zu fragen, was los ist, schlägt der 23-jährige Angeklagte ihm unvermittelt mit einem Radkreuz gegen den Kopf. Wie das Werkzeug so schnell in seine Hand kommen konnte, bleibt bis heute unklar. Möglicherweise hatte einer seiner Freunde das schwere Eisenteil aus seinem Auto geholt, das vor dem Parkhaus stand.
Danach geht es weiter: Der Angeklagte flüchtet auf das Dach des obersten Parkhausdecks, wohin ihm seine Widersacher folgen. Dann nimmt die Auseinandersetzung ein schnelles Ende: Der Angeklagte stürzt acht Meter in die Tiefe auf das erste Parkdeck.
Schwer verletzt im Krankenhaus


Wie es zu dem Sturz kam, bleibt bis heute ungeklärt. Der junge Mann fand sich nach dem Vorfall im Krankenhaus mit schwersten Verletzungen wieder. Heute kann er sich an nichts erinnern.
Der ärztliche Bericht über seine Verletzungen ist lang: Frakturen von Becken, Kniescheibe, Fußgelenk und Kiefer sind nur einige der schweren Verletzungen, die behandelt wurden. Sein Kontrahent erlitt zwei Platzwunden am Kopf. Vor Gericht forderte der Verteidiger des 23-Jährigen nun die Einstellung des Verfahrens, da sein Mandant durch die Folgen seiner unbestrittenen Tat schon genug gestraft sei.
Diese wurde jedoch vom Vertreter der Staatsanwaltschaft und Amtsrichter Wilfried Johann verworfen. Aufgrund seiner Kopfverletzung und seines Alkoholkonsums wurde dem Angeklagten allerdings verminderte Schuldfähigkeit eingestanden.
Amtsrichter Wilfried Johann erklärte: "Selbstjustiz kann in der modernen Gesellschaft nicht hingenommen werden, denn sie führt zu Terror und Anarchie."
Der Angeklagte ist bereits einschlägig vorbestraft und steht momentan unter der Aufsicht einer Bewährungshelferin, die ihm eine positive Sozialprognose bescheinigte. Als Auflage muss er dem Geschädigten 1000 Euro zahlen und 50 Sozialstunden ableisten.
Der Täter, der dem Angeklagten bei der Auseinandersetzung in der Kneipe die Kopfverletzung beigebracht hat, ist bislang unbekannt. red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort