Der Urlaub klingt nach

Für viele gehen die Ferien zu Ende. Die alltäglichen Aufgaben fordern uns wieder ganz. Doch der Urlaub klingt nach. Oft erst jetzt, in der vertrauten Routine, wird uns bewusst, welche Urlaubseindrücke uns nicht nur oberflächlich gestreift, sondern sich tiefer eingeprägt haben.

Ich habe mit meiner Familie in diesem Sommer wieder Schweden genossen, Värmland, eine der waldreichsten Regionen, in der es mehr Elche als Einwohner gibt. Unweit unseres Häuschens zieht sich eine Straße durch die Wälder, so schwach befahren, dass man dem einen oder anderen Auto hinterherschaut, bis das letzte Motorengeräusch sich in der Weite verliert. Bald fiel uns auf, dass manche Menschen, die hier ab und zu vorbeikommen, uns aus ihrem Wagen zuwinkten. Wir erwiderten den Gruß - froh und doch ein bisschen verwundert: Wildfremde Menschen treten für einen Moment zu uns in Beziehung. Nach einer solchen Begegnung hatte sich die Stille jedes Mal verändert: Sie war gefüllt mit der Gegenwart eines Menschen, den wir nicht kannten und der doch für einen Moment unser Leben berührt hat. Eine flüchtige, aber bewusste Begegnung, die uns gut getan hat. Sie gab uns das Gefühl, wir gehören dazu, sind nicht Fremde in einem einsamen Land, sondern Mitbewohner, Mitmenschen. Vielleicht muss man in ein so einsames Land reisen, um zu spüren, wie kostbar selbst eine flüchtige Begegnung sein kann. Ein kurzer, bewusster Blick, eine kleine, zugewandte Geste, ein Moment der Aufmerksamkeit reichen schon aus, um zu spüren: Wir sind miteinander unterwegs, teilen Zeit und Ort, sind - wie es in der Bibel oft heißt - Geschwister. Diese Urlaubserfahrung wirkt in mir nach, ich hoffe noch lange, denn ich spüre, es tut gut, durch eine Haltung, die fast nichts kostet, das Leben ein bisschen zu wärmen. Jörg-Walter Henrich, evangeli- scher Pfarrer in Traben-Trarbach

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