Der Weg führt in die Entziehungskur

Bernkastel-Kues · Im Leben eines 20-jährigen Traben-Trarbachers ist viel schiefgelaufen. Die Verhältnisse im Elternhaus trugen einiges dazu bei, erläuterte ein Gutachter vor dem Amtsgericht Bernkastel-Kues. Vordringlich ist eine Therapie, damit er vom Alkohol loskommt. Denn alkoholisiert wird er aggressiv und ist eine Gefahr für andere, wie das jüngste Verfahren zeigt.

Bernkastel-Kues. Alkohol, Drogen, Eifersucht und eine vom Vertreter der Jugendgerichtshilfe und einem Gutachter bestätigte schwere Kindheit: Jedes dieser Merkmale für sich kann einen Menschen aus der Bahn werfen. Wenn alle vier zusammenkommen, ist die Katastrophe programmiert. Für den 20-jährigen Traben-Trarbacher, der nach drei Verhandlungstagen vor dem Amtsgericht das Urteil hört, ist das im ersten Moment sicher auch so.
Eine wegen Körperverletzung, Diebstahl und Sachbeschädigung bereits verhängte Freiheitsstrafe von 20 Monaten wird um sieben Monate aufgestockt. Einen Teil der Strafe, maximal zwei Jahre, wird er in einer Entziehungsanstalt verbringen.
Zur Geschichte: Der junge Mann war vor Haftantritt im Oktober 2013 weiter negativ in Erscheinung getreten. Im Juli verletzte er am Traben-Trarbacher Moselufer einen 27-Jährigen durch einen Schlag mit einem Nietenarmband schwer an der Nase, wenige Tage später attackierte er beim Weinfest einen Mann mit einem Schlüsselbund am Ohr und fiel auch durch Beleidigungen auf. Beide Male hatte er viel Alkohol intus (etwa zwei Promille). Auch Drogen und Eifersucht waren im Spiel.
In einer Spezialklinik werden nach Haftbeginn sein Wesen und seine Persönlichkeit auf den Prüfstand gestellt. Gutachter Wolfram Schumacher-Wandersleb liest auch Berichte von Heimen und Kliniken, um sich ein umfassendes Bild machen zu können.
Die Ergebnisse, Erkenntnisse und Einschätzungen präsentiert er dem Schöffengericht. Da fallen Worte wie "aggressiv, egoistisch, herzlos, verantwortungslos, kein Schuldbewusstsein". Diese Eigenschaften sind wohl die Folge einer Kindheit, die alles andere als schön gewesen sein muss. Der Angeklagte habe spät laufen und sprechen gelernt, berichtet der Gutachter.
Im Jahr 2002 war er erstmals in psychiatrischer Behandlung und wurde in der Folge mehrfach aus der Familie herausgeholt und im Heim untergebracht. Der 20-Jährige ist nicht damit einverstanden, dass so viel aus seinem Leben berichtet wird. "Was redest du da, Alter", unterbricht er den Gutachter.
Trotz Alkohol- und Drogenkonsum: Schumacher-Wandersleb glaubt nicht an eine erhebliche Einschränkung der Steuerfähigkeit. Die Taten seien geplant gewesen. "Er war nicht so sturzbesoffen, dass er nicht wusste, was er tat", sagt er. Es sei aber ein gutes Zeichen, dass sich der 20-Jährige ihm gegenüber offen für eine Therapie gezeigt habe.
Verteidiger Andreas Bogner will nichts beschönigen, aber einiges erklären. Die Eifersucht des gebürtigen Franzosen sei sehr ausgeprägt und werde von dem Mädchen, um das es gehe, noch gefördert. "Die will, dass sich die Leute um sie prügeln", sagt er.
"Ich will so schnell wie möglich eine Therapie machen. Und es tut mir auf die eine Art auch leid", sagt der Angeklagte in seinem Schlusswort. Er weiß, dass er die Chance hat, nach erfolgreicher Therapie auf Bewährung entlassen zu werden.
Das könne auch schon nach einem Jahr sein, sagt Richter Oliver Emmer. Doch er warnt zugleich: "Wenn Sie danach in alte Muster zurückfallen, gehen Sie für Jahrzehnte in eine geschlossene Anstalt." cb

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