Der Werwolf kommt aus Übersee

Lachende Gesichter und gelöste Atmosphäre beim "Monster von Morbach". Kein Einheimischer kennt die Sage, aber sie ist weltweit verbreitet. 45 Besucher bei der Buchvorstellung von Matthias Burgard in der Stadtbücherei in Wittlich erhielten tiefe Einblicke in die Entstehung schauriger Erzählungen.

 Matthias Burgard präsentiert gemeinsam mit Ehefrau Natalia (Mitte) sein Buch „Das Monster von Morbach“. TV-Foto: Erich Gerten

Matthias Burgard präsentiert gemeinsam mit Ehefrau Natalia (Mitte) sein Buch „Das Monster von Morbach“. TV-Foto: Erich Gerten

Wittlich. In einem Schrein in Wittlich brennt ein Licht. Wenn dieses ausgelöscht wird, dann erwacht ein Werwolf zu neuem Leben. Was zunächst wie eine angsteinflößende Geschichte klingt, entpuppt sich als phantastische Erzählung, erschaffen von amerikanischen Soldaten, die in Morbach stationiert waren.

Morbacher Monster im Hunsrück unbekannt



Matthias Burgard vermittelte bei seiner Buchvorstellung "Das Monster von Morbach" in der Wittlicher Stadtbücherei die Hintergründe zur Entstehung von Sagen, im Speziellen zur Herleitung von Werwolferzählungen. Als Werwölfe werden Tiermenschen im europäischen Kulturkreis bezeichnet. In anderen Erdteilen sind es beispielsweise Werfüchse oder Bärenmenschen.

Ein Werwolf soll sein Unwesen noch 1988 in Morbach getrieben haben. Der letzte Werwolf soll in Wittlich getötet worden sein. Für den Kulturanthropologen Burgard hat sich nach intensiven Recherchen herauskristallisiert, das niemand in der Heimatregion die Geschichte vom Morbacher Monster kennt. In den USA hingegen wird die Erzählung oftmals als wahre Begebenheit angesehen.

Bei Recherchen mit amerikanischen Soldaten werden für Burgard die Beweggründe zur Entstehung solcher Erzählungen deutlich. Vor allem ist es eine Schutzfunktion, eine Warnung vor der Fremde im Einsatz, aber auch eine Konkretisierung der Angst. Burgard stellte als ein Ergebnis seiner Recherchen zur mehrtausendjährigen Geschichte der Werwolferzählungen heraus, dass für die amerikanischen Soldaten der Krieg gegen Nazi-Deutschland viele Jahrzehnte nachwirkte. Auch deswegen, weil die Nazis eine Kampftruppe gegen US-Soldaten als Werwölfe deklarierten. Und wenn dann in einer waldreichen Gegend wie dem Hunsrück nachts seltsame Geräusche rund um ein amerikanisches Munitionslager zu vernehmen waren, zusätzlich aus der Ferne Hundebellen, dann lebten Mythen auf. So entstand das Monster von Morbach, eine Fiktion, die für die Soldaten realistische Hintergründe hat. Also - in Wittlich und auch in Morbach braucht niemand die Befürchtung zu haben, dass sich das Monster rühren wird.

Das Buch schildert nicht nur die Sage und deren Hintergründe, es kann Werwolfängstlichen die Angst nehmen, so wie Burgard das bei seinem Vortrag in der Stadtbücherei erreicht hat.

Das Buch "Das Monster von Morbach - Eine moderne Sage des Internetzeitalters" ist als Mainzer Beiträge zur Kulturanthropologie/Volkskunde Band 2 erschienen, ISBN 978-3-8309-2043-4, 92 Seiten, Broschur, Waxmann Verlag, Münster 2008, Preis 19,90 Euro.

Extra Der Autor Matthias Burgard, geboren am 16. Juni 1982, ist ein Wengerohrer Junge und dort aufgewachsen. Abitur 2001 am Peter-Wust-Gymnasium Wittlich, danach Studium der Kulturanthropologie/Volkskunde und Soziologie in Mainz, 2008 Magister-Abschluss in beiden Fächern. Derzeit Doktorand und Dozent an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Burgard ist verheiratet und wohnt in Mainz. Als Beweggrund für die Wahl des Themas nennt Burgard: "Phantastische Kreaturen haben mich immer begeistert. Zudem wollte ich ein neues Thema aus der Region bearbeiten." (ger)

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