Der Zauber des Klassischen

SALMTAL/ALTRICH. Regelmäßig treten Nadine und Joachim Burgard auffällig hergerichtet aus dem Haus. Dann wünschen die Nachbarn ihnen freundlich "Viel Glück!", denn sie wissen: Die beiden fahren mal wieder zum Turniertanzen.

Am Anfang tanzte Nadine mit ihrem Bruder. Als sie 14-jährig verzweifelt nach einem anderen Partner Ausschau hielt, traf sie in der Wittlicher Tanzschule Breuer auf Joachim Burgard. Diese Begegnung erwies sich in jeder Hinsicht als schicksalhaft. Die beiden verliebten sich ineinander, tanzten zunächst gemeinsam Latein-Tänze und wechselten schließlich ins Standard-Fach. Während andere 26-Jährige ungebremste Nächte mit Hip-Hop verbringen, widmen Nadine und Joachim sich ganz dem Klassischen. "Die Standard-Tänze genießen bei uns ein recht angestaubtes Image", bedauert Joachim Burgard, "ganz zu Unrecht übrigens." Lange dominierten die Briten diesen Bereich des Turniertanzens. Inzwischen seien es die Italiener, und die sind eher Trendsetter als Traditionalisten. In den vergangenen Jahren seien aus den einst sehr gemächlichen Standards flotte Tänze geworden, berichtet Nadine. "Teilweise sind sie sogar schneller als die Latein-Tänze." Jeder Tanz hat seinen eigenen Charakter und muss mit äußerster Präzision einstudiert werden. Slow-Fox ist der Lieblingstanz

Die nur drei Figuren des Wiener Walzers - Rechts- und Linksdrehung und Fleckerl, die Wellenbewegungen des Langsamen Walzers, die möglichst kraftvoll aussehen sollen, der spritzige Quick-Stepp, der ursprünglich von den Lateinern stammende Tango, bei dem der Oberkörper ruhig und kontinuierlich weiterläuft, während die Beine ein rhythmisches Staccato vollführen, nicht zu vergessen der edle Slow-Fox, der derzeitige Lieblingstanz der jungen Salmrohrer, die dessen Freiheiten zu schätzen wissen: Drei Schritte werden auf einem Vierviertel-Takt ausgeführt. "Dabei soll er möglichst ruhig und gelassen aussehen", erzählt Nadine. Seit 2004 ist das Paar verheiratet. Sie arbeitet als Lehrerin in Bullay, er studiert Wirtschaftsingenieurwesen und Maschinenbau in Darmstadt. Der Turniertanz begleitet das Leben der Burgards, die amtierenden Rheinland-Pfalz-Meister in der zweithöchsten Tanzklasse (A-Klasse) sind. Den Aufstieg in die S-Klasse haben sie bisher mehrfach abgelehnt. Im Sommer möchten sie diesen Schritt endlich wagen. Jung genug sind sie, fleißig genug auch. Trainiert wird mindestens dreimal pro Woche in Trier, in Darmstadt und in Lorsch am Rhein. Ihr Ziel: Unter den ersten 30 besten Paaren bei den Deutschen Meisterschaften zu landen. Manchmal müssen sie die Zähne zusammenbeißen, das geben sie zu, denn die Fortschritte werden kleiner, feiner, aber wenn sie dann spüren, wie sie übers Parkett gleiten, und eine tausendmal geübte Figur endlich stimmt, macht sie das sehr glücklich. Hätten sie ihre Berufe nicht, sie würden jederzeit mehr Zeit investieren. So bleibt der Tanz wahrscheinlich ein Hobby, und auf dieser Ebene unterstützt halt kein Sponsor ein Tanzpaar. Denn die Ausgaben für das korrekte Outfit sind beachtlich. Der Sieben-Zentimeter-Satinschuh der Dame, das raffiniert fallende, mit Strass besetzte Tanzkleid der Dame, der distinguierte Lackschuh des Herrn zum maßgeschneiderten Frack: Das alles unterliegt rasch wechselnden Moden, muss stetig gepflegt und geflickt werden und nutzt sich in einem Tempo ab, das sich der normale Wochenend-Tänzer kaum vorstellen kann. Und abgewetzt dürfen die Burgards nicht daherkommen, im Gegenteil. Zum perfekten Stil der Bewegung muss sich die Perfektion im äußeren Erscheinungsbild gesellen: Sie bleibt halt klassisch, die Szene der Turniertänzer. Am Samstag, 17. März, zeigen Nadine und Joachim Burgard ihr Können beim Jahreskonzert des Musikvereins in Altrich. Karten für die hochkarätige Veranstaltung "Let´s dance" kosten sechs Euro für Erwachsene und vier Euro für Kinder bis 14 Jahre. Das Konzert beginnt um 20 Uhr in der Altreiahalle.

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