Der zig-tonnenschwere Umzugsplan

Seit fünf Generationen besteht das heutige Stahlhandelsunternehmen Heinrich Lütticken. Der Traditionsbetrieb, seit rund 50 Jahren in der innerstädtischen Kalkturmstraße beheimatet, verlegt seine Betriebsstätte in die Rudolf-Diesel-Straße. Am 7. Januar 2008 soll dort der Verkauf starten.

Wittlich. "Wer Eisen braucht, denkt an Lütticken": Die verwitterte Großschrift auf einem der Noch-Firmengebäude direkt hinter dem Friedhof Burgstraße wird spätestens im kommenden Jahr unlesbar, wenn die Abrissarbeiten starten. Denn die Tage der Adresse des Familienunternehmens auf dem 23 000 Quadratmeter großen Gelände in Wittlichs Innenstadt sind gezählt. Schon lange beschäftigt man sich mit einem Neubauprojekt. Nun ist es so gut wie abgeschlossen. In sieben Monaten Bauzeit hat die Firma Heinrich Lütticken unter Geschäftsführer Joachim Lütticken auf 24 000 Quadrat metern in der Wittlicher Rudolf-Diesel-Straße vier neue Hallen mit insgesamt 7800 Quadratmetern Grundfläche plus 6000 Quadratmeter Außengelände errichtet. Hinzu kommen Bürogebäude und Ausstellungsflächen.Der alte Standort ist geschichtsträchtig

Stahle, Bleche, Bauzubehör vom Draht bis zur Schubkarre: Das Geschäftsmaterial ist keine leichte Angelegenheit. Ewald Steffes, Prokurist der Firma, sagt: "Für den Umzug werden einige tausend Tonnen bewegt, auch wenn wir unseren Lagerbestand schon herunter gefahren haben." Der vom Radweg aus zu sehende große Elektro-krahn mit seiner Laufkatze wird in einem Sondertransport kurz vor Weihnachten seinen Standort wechseln. Überhaupt, wenn die alte Adresse ab 22. Dezember schließt, heißt das für die Mitarbeiter, dass die Weihnachtsfeiertage mit Arbeit verbunden sein werden. "Wir haben so viele Jahrzehnte auf einen Umzug hingearbeitet, dass darin keiner ein Problem sieht", meint Joachim Lütticken: "Die Freude darüber, dann unter besseren Bedingungen arbeiten zu können, überwiegt. Wir waren ja immer auf dem Sprung. Ich bin froh über den langen Atem der Mitarbeiter." Auf dem alten Gelände habe man wegen der langjährigen Umzugspläne nichts mehr investiert, dessen verschachtelte Struktur habe jedoch dazu geführt, dass man das Material "mehrmals anpacken musste". "Mit dem gleichen Personalstand, also rund 30 Mitarbeitern, können wir zukünftig effektiver und flexibler arbeiten", sagt der Geschäftsführer. Warum er mit der Firma, die ihre Rohstoffe mittlerweile weltweit einkauft und die ein Schwesterunternehmen in Neuwied-Engers am Rhein zur Firmengruppe zählt, in Wittlich geblieben ist? "Das ist eine persönliche Sache. Wittlich ist zum einen Gründungsstandort. Wir haben hier viele Jahre gute Geschäfte gemacht und gute Kunden in der Region. Und ich habe immer gesagt: Die Firma Lütticken gehört in die Stadt Wittlich." In die Standortverlagerung investiert man nach eigenen Angaben rund 5, 8 Millionen Euro. Der alte Standort an der Kalkturmstraße ist geschichtsträchtig: Hier stellte die Familie Ermann unter anderem Bohnerwachs und auch die Schuhcreme "Ermin" her, die vor dem Krieg eine bekannte Marke war. Die jüdische Familie Alfred Ermanns wurde von den Nazis enteignet. Die Familie Lütticken kam dann 1950 in den Besitz des Geländes, weil der andere Standort, der ebenfalls heute noch als "Lütticken am Markt" den Familiennamen trägt, zu klein geworden war. In Zukunft soll das Grundstück viele Familiennamen tragen. Joachim Lütticken erklärt: "Wir sind uns mit einem regionalen Bauunternehmen so gut wie einig, das Grundstück baureif und für eine gehobene Wohnbebauung nutzbar zu machen." Man wolle alles abreißen, dann parzellieren, überplanen und die einzelen Grundstücke auch ohne Bebauung verkaufen.Bleibt die Frage, welche Stahlkonstruktion denn den beiden Herren am besten gefällt: "Nach wie vor ist der Eiffelturm das non plus ultra", sagt Ewald Steffes, und Joachim Lütticken ergänzt: "Ja, diese vernietete Stahlkonstruktion ist einfach sensationell."

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