Dialog in Jäger-Latein

BERNKASTEL-WITTLICH. Die Höhe der Schäden auf den Feldern und bei der Ernte nimmt zu, obwohl es in Teilen des Kreises Bernkastel-Wittlich weniger Wildschweine gibt. Ein Thema, das zwischen Jägern und Landwirten immer wieder für Diskussionen sorgt.

"Die Lebensbedingungen an der Mosel sind ideal", erklärt Kreisjagdmeister Günther Vanck. Damit meint er die Bedingungen für die Wildschweine, die sich dort im wahrsten Sinne des Wortes "sauwohl" fühlen. "Es ist warm, es gibt Schutz und Deckung. Während nach Aussagen Vancks die Populationen in Eifel und Hunsrück rückläufig sind, nehmen sie rund um die Mosel zu. Das belegt auch eine Meldung der Polizei, laut der die Zahl der Windunfälle im Bereich der Inspektion Bernkastel-Kues in den vergangenen zwölf Monaten um 25 Prozent gestiegen ist. Je größer die Populationen, desto größer ist auch die Gefahr, dass sich die Schweinepest ausbreitet, die sich dem Kreis aus dem Norden nähert. Für Karl Riedesser von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz in Bad Kreuznach ist die Sache klar: "Die Wildbestände sind zu hoch, der natürliche Kreislauf ist gestört." Die "Fertilität bei den Tieren ist gestiegen", sagt Karl-Heinz Bernardy, Revierleiter in Morbach. Weil die Schweinepest für Absatzschwierigkeiten auf dem Markt sorge, würden zudem weniger Tiere getötet, nennt Morbachs Bürgermeister Gregor Eibes, der Vorsteher der Jagdgenossenschaft ist, einen weiteren Grund dafür, dass die Tiere aus den Dickungen kommen und sich verstärkt auf Wiesen und Feldern nach Nahrung suchen. Um ihre Leibspeise - Engerlinge und Würmer - zu finden, wühlen sie das Erdreich auf. Sehr zum Ärger der Landwirte, deren Felder und Äcker dadurch geschädigt werden. Beliebtes Nahrungsmittel der Wildschweine sind auch Maiskolben, die sie von den Pflanzen fressen und damit die Ernte schädigen. Weitere Möglichkeit: Frischlingsfallen

Der Maisanbau habe in den vergangenen Jahren zugenommen, bestätigt der Geschäftsführer des Bauern- und Winzerverbands, Wilfried Servatius, auf TV-Anfrage. Er vermutet, dass zur Belieferung künftiger Biogasanlagen der Maisanbau noch zunehmen wird. Das bereitet den Jägern Sorgen, weil damit vermutlich auch die Schadens-Forderungen der Landwirte wachsen. Per Bundesjagdgesetz sind sie verpflichtet, die Ausfälle zu ersetzen. Durch eine Zunahme der Wildschwein-Populationen in Teilen des Kreises werden sie "mehr und mehr zur Kasse gebeten", sagt Riedesser. Außerdem werden die Schäden bei Mais höher veranschlagt, gibt Vanck zu bedenken. Viele Landwirte - wie Jörg Rittgen aus Morbach - fordern: "Das Schwarzwild muss stärker bejagt werden." Besonders bei Jagdpächtern, die nicht aus der Region stammen und nur an den Wochenenden zur Büchse greifen können, sei es schwierig, die Abschusszahlen zu erhöhen, erklärt Riedesser. Weil diese Jäger das Revier und die Natur häufig nicht so gut kennen wie die Landwirte, appelliert er: "Die Landwirte sollten selbst bei der Jagd dabei sein, sie kennen die Zusammenhänge vor Ort oft besser." Ohnehin spricht er sich, ebenso wie Eibes, dafür aus, dass Jäger und Bauern verstärkt den Dialog suchen. Dadurch ließen sich sicherlich Vorwürfe aus dem Weg räumen. Beispielsweise, dass die Tiere von den Jägern eher gefüttert als gekirrt würden. Als eine weitere Möglichkeit, die Abschusszahlen zu erhöhen, nennen die Experten Frischlingsfallen oder Schneisen auf dem Feldern, damit von einem mobilen Hochsitz aus gejagt werden kann. Die Abschusszahlen im Jagdjahr 2005/06 (1. April bis 31. Dezember) liegen mit 4163 unter denen des Jagdjahres 2004/05 mit 4173 Abschüssen. Wegen der hohen Schadensforderungen versuchten einige Pächter mittlerweile, die Beträge für die Pacht zu senken, berichtet Eibes. Einige Pächter gäben ihre Jagdreviere aufgrund der Kosten zurück, bestätigt auch Riedesser. Die Folge: Wenn man für diese Reviere keine neuen Pächter findet, wachsen die Populationen und damit auch die Schäden auf den Feldern und Äckern.

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