Die Augen der Eifel bleiben blau

Ulmen · Der Vulkanismus in der Eifel ist zwar nicht erloschen, doch gibt es auch keine Anzeichen für einen baldigen Ausbruch. Das jedenfalls meint der Vulkanologe Professor Hans-Ulrich Schmincke. 200 Besucher haben dessen Vortrag im Ulmener Rathaus gespannt verfolgt.

Ulmen. Feuerspeiende Ungeheuer, deren Magma sich in glühenden Lavaströmen über blühendes Leben ergießt, erstickende Ascheregen, die unschuldige Schafe vergiften und die Luftfahrt gefährden: Vulkane. Grusel und ehrliche Faszination erfassen die meisten Menschen, wenn irdische Urkräfte explodieren.
Im Lichte aktueller Eruptionen warf Professor Hans-Ulrich Schmincke bei einem Vortrag in Ulmen einen Expertenblick in die Eifel-Krater. Am Ende war der eine erleichtert, der andere ein bisschen enttäuscht ob der Nachricht: Auf das Gänsehautgefühl angesichts ungezügelter Naturgewalten wird man der Eifel noch einen geologischen Augenblick warten müssen.
"Es gibt keinen Grund, in der Eifel die Häuser zu verkaufen," fasste der Professor einen Steinwurf vom Ulmener Maar entfernt zusammen, dem mit 11 000 Jahren jüngsten deutschen Vulkan.
Eine "Lavageschosslänge" von dessen Ufer entfernt, mussten am Freitag noch einige Stühle gerückt werden, denn gut 200 Interessierte strömten ins Ulmener Rathaus zum Vortrag über Vulkanismus in der Eifel. Etwas mehr als zu Sitzungen der Kommunalpolitik, bemerkte VG-Bürgermeister Al fred Steimers bei der Begrüßung.
Knapp 200 Jahre sei es her, dass ein Lehrer aus Trier die Maare als Vulkane erkannte; die letzten 40 Jahre Erforschung des Eifelvulkanismus hätten Schmincke geprägt. So stellte Dr. Andreas Schüller für die Natur- und Geopark Vulkaneifel GmbH den Vulkanologen vor.
Der erklärte die Vorgänge im irdischen Untergrund: Blasen geschmolzenen Gesteins steigen aus dem überwiegend festen oberen Erdmantel als Magmablasen zur Erdkruste, die in der Eifel mit 30 Kilometern eher dünn ist. Dort kumulieren sie und steigen in den Schloten bis an die Erdoberfläche. Wenn sie dabei grundwasserführende Schichten queren, verdampft das Wasser schlagartig, es kommt zu hochexplosiven Ausbrüchen, die riesige Krater hinterlassen. Einige dieser Maare füllen sich mit Wasser und werden zu den für die Eifel typischen Maarseen.
Der größte Vulkanausbruch in der Eifel fand vor rund 12 900 Jahren statt, und auch heute ist das Brodeln unter der Oberfläche noch nicht erloschen. Zwei Vulkanfelder prägen die Eifel, das kleinere liegt rund um den Laacher See, das größere zwischen Bad Bertrich und Ormont mit einem Zentrum zwischen Gillenfeld und Gerolstein. Zwischen ihnen wandern die partiellen Aufschmelzungen unter der Erdkruste nach Südost, wo der Experte am ehesten den nächsten Ausbruch vermutet. Ein Vulkan tut, was er tun muss, wertfrei und ohne jedes Gefühl, er ist weder böse noch aggressiv, dämpfte Schmincke Emotionen.
"Vulkane sind nicht gefährlich, wenn man bei einem Ausbruch schnell genug wegläuft", fasste der Experte zusammen. Wenn man Städte zu dicht an einen aktiven Schlund baut, sei das kein geologisches, sondern ein gesellschaftliches Problem. Als Punktquellen kündigten sich Vulkanausbrüche im Gegensatz zu Erdbeben längerfristig an.
Schon 13 bis 18 Jahre vor einer Eruption wird es in der Erdkruste unruhig. Magmabeulen heben die Oberfläche deutlich an, nicht nur um den in der Eifel gemessenen Millimeter pro Jahr. Der habe sicher etwas zu bedeuten, nicht jedoch einen bevorstehenden Vulkanausbruch. Verdächtig wären eher etwa fünf Zentimeter pro Jahr, da bekommen Straßen gehörige Risse.
Magmablasen können typische seismische Vibrationen hervorrufen, die sich von "normalen" Erdbeben unterscheiden. Der Vulkan erhitzt sich. Kohlen- und Schwefeldioxid treten in messbaren Mengen aus. Damit aber hätten die beobachteten Blasen im Pulvermaar nichts zu tun, so Schmincke. Von den Ansammlungen des CO{-2} am Grund der tiefen Maare gehe keine Gefahr aus. Unterhaltsam und kurzweilig spannte Vulkanexperte Schmincke seinen weiten Bogen vom Laacher See über Island, Japan, Hawaii und zurück zum Ulmener Maar.

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