Die Burg, das Schloss, das Einkaufszentrum

Wittlichs Mittelalter lässt grüßen: Ein reliefierter Wappenstein und eine gut erhaltene Zisterne der Burg Ottenstein aus dem 15. Jahrhundert sind die neuesten Funde auf dem Gelände, wo im Oktober 2009 die Schlossgalerie mit 5200 Quadratmetern Verkaufsfläche plus Parkdeck eröffnen soll.

Wittlich. Eine Baustelle für Vergangenheit und Zukunft der Stadt ist das Gelände zwischen Post und Busbahnhof: Die einen arbeiten mit großem Gerät am Entstehen des künftigen Einkaufszentrums, die anderen, die mit dem kleineren Handwerkszeug für archäologische Grabungen, arbeiten an der Spurensicherung alter Stadtgeschichte. Und dieses Team des Landesmuseums kümmert sich derzeit um einen mit Sandstein ummauerten Raum tief im Boden. Was von oben wirkt wie ein Kerker, war einmal eine Zisterne. Drei mal drei Meter misst die Grundfläche, das Ganze ist vier Meter hoch und war bedeckt von einem Tonnengewölbe. Dasselbe hatte eine Baggerschaufel angekratzt, man dachte, auf einen alten Keller gestoßen zu sein und informierte das Landesmuseum. "Die Baufirma ist angehalten, Funde zu melden. Das läuft positiv", sagt Leo Kappes, Stadtverwaltung. Er steht mit Vertretern des Hachenburger Generalunternehmers P 1 Projekt Bau am Rand der Zisterne. Daneben schauen Dorothea Kuhnen von der Kreisverwaltung und Joachim Hupe vom Landesmuseum hinab auf den stummen Zeitzeugen aus dem Mittelalter.

Der hat den Archäologen einiges zu erzählen. Immerhin hatten sie bei ihren Untersuchungen 2008 bereits eine Sandsteinrinne, die Wasserzuleitung gefunden. Wo sie hineinmündete, war bislang unklar. "Jetzt wissen wir, dass sie in die Zisterne führte, die in die Fundamente der Burg eingebaut war", sagt Joachim Hupe.

Da Trinkwasser eher aus Brunnen, die am heutigen Schlossplatz vermutet werden, gewonnen worden sei, habe die Zisterne als eine Art Wasserreserve gedient. Seitlich öffnen sich deren Wände in viele rechteckige Durchbrüche. "Dort floss Oberflächensickerwasser hinzu", sagt der Archäologe, der davon ausgeht, dass es einen Zugang zum unterirdischen Wasserspeicher im Tonnengewölbe gab. Das Gewölbe ist bereits vermessen und abgetragen.

"Kreative Lösung" wird gesucht



Und was passiert mit der Zisterne? "Wir suchen nach einer kreativen Lösung", sagt Dorothea Kuhnen. Klar ist, die Zisterne muss der Schlossgalerie weichen, und Verzögerungen im Bauablauf sollen vermieden werden. Die gab es auch nicht, als beim Errichten des ersten Krans nahe der Post ein besonderer Sandstein gefunden wurde, ein Wappenstein der Burg (kleines Foto). Den kann jedermann im Schaufenster der Touristinformation bewundern. Mit Philippe Bourassin hatte sich Karsten Mathar auf der Baustelle mit Genehmigung der Bauleitung umgesehen und den reliefierten Sandstein in die Neustraße gebracht.

"Im Bereich des Baukrans verlief die Stadtmauer. Deren Graben wurde einst, vermutlich im 18. Jahrhundert, mit den abgebrochenen Burgresten verfüllt", erklärt Joachim Hupe dazu. Sein Team arbeitet derweil weiter daran, mittels der Funde das Wissen über "Wittlich anno Dazumal" zu vervollständigen. Das Interesse ist vielfältig: Am Bauzaungitter krallt sich ein Zuschauer fest und ruft: "Wo habt Ihr die Römerbauten gelassen?" Extra: Stadtgeschichte: Im städtischen Pflaster sind die Umrisse von Burg Ottenstein/Schloss Philippsfreude auf Initiative von Patrick Bourassin markiert. 1430 hatte Otto von Ziegenhain die Burg Ottenstein fertig gestellt, die später zu einem Schloss umgebaut wurde. Dasselbe wurde 1689 "abgeflemmt" und unter Kurfürst Johann Philipp von Walderdorff vom französischen Architekten Jean Antoine zwischen 1761 und 1763 auf den Fundamenten der spätmittelalterlichen Burg als Schloss Philippsfreude neu gebaut. Es wurde später zum Steinbruch. Seine geschichtsträchtigen Fundamente, darunter auch die der großen runden Ecktürme, liegen zum Teil auf der Baustelle für das künftige Einkaufszentrum.

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