Ortsvorsteher Die Dorfer haben keine Wahl

Wittlich-Dorf · Lokalpolitik in Not: Zum ersten Mal in der Geschichte der Stadt Wittlich findet sich in einem Stadtteil kein Kandidat für das Amt des Ortsvorstehers.

 Bei der Kommunalwahl wird der Chefsessel des Ortsvorstehers in Wittlich-Dorf mangels Kandidaten nicht neu besetzt.  TV-Archiv/Foto: Klaus Kimmling

Bei der Kommunalwahl wird der Chefsessel des Ortsvorstehers in Wittlich-Dorf mangels Kandidaten nicht neu besetzt. TV-Archiv/Foto: Klaus Kimmling

Foto: TV/klaus kimmling (kik)

Wenn die Wittlicher Bürger im kleinsten Stadtteil Dorf am 26. Mai zur Wahlurne schreiten, dann werden einige enttäuscht sein. Denn in ihrem Stadtteil ist kein Bürger bereit, für das Amt des Ortsvorstehers zu kandidieren. Der amtierende Ortsvorsteher Holger Freund, der das Amt fünf Jahre lang ausgeübt hat, steht nicht für eine weitere Amtsperiode bereit. „Ich habe andere private Pläne. Es ist halt ein Spagat zwischen Familie, Beruf und Ehrenamt“, sagt der 38-Jährige. „Deshalb will es gut überlegt sein, ob man kandidiert.“

Schließlich nehme das Amt des Ortsvorstehers viel Zeit in Anspruch, erklärt Freund. „Man hat da auch schon mal tagsüber Termine, die man wohl planen muss, wenn man berufstätig ist.“

Doch in Dorf findet sich leider auch kein Kandidat, der schon den Ruhestand genießt und dem so eventuell etwas mehr Zeit für das Amt des Ortschefs zur Verfügung stehen könnte. Freund: „Obwohl wir im ganzen Dorf  Wurfsendungen verteilt und die Bürger dazu aufgefordert haben, sich eine Kandidatur zu überlegen, hat sich leider niemand gefunden.“

Seit der Eingemeindung im Jahre 1969 habe es diesen Fall in Dorf noch nicht gegeben, sagt Freund. Gleiches gilt für die anderen Stadtteile außerhalb der Kernstadt, die weder einen Ortsbeirat noch einen Ortsvorsteher vorzuweisen haben: „Bisher ist es noch nicht vorgekommen, dass in einem Wittlicher Stadtteil kein Kandidat zu finden war“, erklärt Wolfgang Lauer von der Stadtverwaltung.

Die Wahl des Ortsvorstehers oder einer Ortsvorsteherin, wozu die Bewohner in den anderen Stadtteilen am 26. Mai bei der Kommunalwahl ihre Stimme abgeben können, findet deshalb in Dorf nicht statt, wie die Verwaltung erklärt.

Ortsbeirat Trotzdem gibt es noch eine letzte Chance dafür, dass Dorf einen neuen Ortsvorsteher bekommt. Es ist ja nicht so, als dass die Dorfer gar keine Wahl hätten. Bei der Kommunalwahl am Sonntag, 26. Mai, zeitgleich zur Europawahl, können sie ihre Stimmen für den Kreistag, den Stadtrat und ihren Ortsbeirat abgeben. Das örtliche Gremium, für das immerhin die CDU eine Liste mit sechs Bewerbern aufgestellt hat, wird wohl auch nach der Kommunalwahl seine Arbeit in neuer Besetzung fortführen.

Der Ortsbeirat hat die Belange des Ortsbezirkes in der Gemeinde zu wahren und die Gemeindeorgane durch Beratung, Anregung und Mitgestaltung zu unterstützen. Darüber hinaus kommt ihm noch eine weitere wichtige Aufgabe zu. Die Gemeindeordnung enthält dazu folgende Klausel: „Spätestens acht Wochen nach dem Tag der ausgefallenen Wahl soll die Wahl des Ortsvorstehers durch den Ortsbeirat erfolgen.“ Das Gremium, das am 26. Mai neu gewählt wird, kann also, sofern doch noch ein frisch gewähltes Beiratsmitglied in die Breche springen und sich als Kandidat anbieten würde, durch eine Wahl im Beirat einen Ortsvorsteher aus den eigenen Reihen bestimmen.

Allein die Bürgerschaft würde dabei nicht wie bei einer regulären Urwahl um ihre Stimmabgabe gebeten. Der Posten könnte jedoch so besetzt werden. „Diese Wahl soll spätestens acht Wochen nach dem Tag der ausgefallenen Urwahl erfolgen. Sollte man in einem überschaubaren Zeitraum mehr als acht Wochen benötigen, so ist das tolerabel“, erklärt Lauer von der Stadtverwaltung.

 Logo_Kommunalwahl_2019

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Foto: TV/Lambrecht, Jana

Falls es dem Ortsbeirat mangels Kandidaten auch nicht gelingen sollte, im Nachgang einen Ortsvorsteher zu wählen, „so bleibt der bisherige Ortsvorsteher bis auf weiteres im Amt“, erklärt Lauer. So sehe es die Gemeindeordnung vor. „Dieser bleibt jedoch nicht unendlich lange im Amt. Die Kommunalaufsicht wird dann einen Beauftragten bestellen.“
In diesem Fall müssen sich die Bewohner von Wittlich-Dorf dann darauf verlassen, dass sich dieser Beauftragte, der Ortsbeirat und auch Bürgermeister Joachim Rodenkirch, der ohnehin die Interessen der ganzen Stadt vertritt, ausreichend für die Belange des Stadtteils stark machen.

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