Archiv Die Eiszeit hat das Moseltal geformt

Wittlich · Romantisch, idyllisch und einzigartig, so wird das Moseltal in der Literatur immer wieder beschrieben. Wie es zu seiner besonderen landschaftlichen Struktur kommt, darüber gibt eine wissenschaftliche Arbeit von Elisabeth von den Hoff, geborene Kremer, Auskunft. Die Wittlicherin hat für dieses Forschungsprojekt in den 1950er Jahren den Doktortitel an der Bonner Universität erhalten. Ihre Arbeit ist auch heute noch aktuell und gilt als grundlegendes Werk über die geologische Beschaffenheit des Flusstals.

 Das Moseltal von Ürzig aus gesehen. TV-Foto: Klaus Kimmling

Das Moseltal von Ürzig aus gesehen. TV-Foto: Klaus Kimmling

Wittlich. Über die touristische Ausrichtung der Mosel wird seit der "Moselochsen-Debatte" viel diskutiert. Vor wenigen Wochen hatte ein Reisejournalist aus Frankfurt heftige Kritik am touristischen Angebot des Flusstals geäußert und dessen Bewohner mit "Moselochsen" verglichen (der TV berichtete). Auch wenn man trefflich darüber streiten kann, wann Weinpokale kitschig aussehen und ob man an der Mosel auch ein ordinäres "Schnitzel-Pommes" essen darf - eines steht im Sinne des Wortes felsenfest: Das Moseltal ist landschaftlich einmalig. Die Ursprünge des Flusstalabschnitts zwischen Trier und Cochem, in dem sich die Mosel in engen Schleifen windet, liegen Millionen von Jahren zurück.
Das erläuterte die Wittlicherin Elisabeth Kremer bereits in ihrer 1953 erschienen Doktorarbeit "Die Terrassenlandschaft der mittleren Mosel als Beitrag zur Quartärgeschichte". Wenn in dieser Arbeit von "Terrassen" die Rede ist, dann sind damit natürlich nicht die Weinberg-Terrassen gemeint, wie man sie heute kennt. Geografen verstehen unter "Terrassen" die Stufen an einem Hang, die ein Fluss selbst geschaffen hat.
Sie sind oft viel breiter als das eigentliche Flusstal, wie es sich heute zeigt. Zwei ältere Talböden liegen in rund 300 Metern und in rund 280 Metern Meereshöhe. Das bedeutet, dass die Mosel früher rund 200 Meter höher floss und zudem wesentlich breiter war. Auf der Höhe des heutigen Kueser Plateaus hatte das Moseltal vor einer Million Jahren (in der zweiten Eiszeit) eine Breite von vier Kilometern. Das kann man heute noch an mehreren Stellen sehen. In Trier blickt man von der Höhe beim Stadtteil Filsch aus in das Flusstal. Auch vom Kueser Plateau aus oder zwischen Trittenheim und dem Dhrontal ist dieses alte Flusstal immer noch sichtbar.
Damals, in der Eiszeit, war die Mosel ein völlig anderer Fluss als heute: ein kilometerbreites verwildertes Wasser, das in weiten Bögen dahinfloss. In dieser Zeit erstreckte sich das Eis vom Nordpol über Skandinavien bis ins norddeutsche Tiefland. Im Rhein- und Moselland war der Boden bis in große Tiefe dauernd gefroren. Er taute nur in den Sommermonaten oberflächlich auf.
In dieser Zeit füllte die Mosel ihr Tal mit mächtigen Ablagerungen von Kies, Sand und Lehm auf. Dann hat sie sich in diesen selbst vorgeschobenen Schotter eingegraben. So ist zum Beispiel das gesamte Trier-Tarforster Plateau aus Moselschutt, also Kies, aufgebaut.

Tiefer Einschnitt

Erst nach dem Ende dieser zweiten alteiszeitlichen Epoche, vor etwa 500 000 Jahren, schnitt sich die Mosel tiefer ein (120 Meter in den Untergrund) und bildete das weltweit bekannte enge Mäandertal aus, wie es sich heute darstellt. Anschließend kamen weitere Kaltzeiten, in denen sich erneut zwei kleinere Terrassenstufen gebildet haben. Auf der untersten Stufe haben Menschen dann die ersten Siedlungen angelegt.
Warum dieses außergewöhnliche Mäandertal nun nur zwischen Schweich und Cochem vorkommt? Das liegt daran, dass das Rheinische Schiefergebirge sich ungleichmäßig gehoben hat. Besonders der Raum um Cochem hob sich in Jahrhunderten stärker an, wodurch die Mosel nur noch leicht geschwungene Bögen beschrieb, ihre Fließgeschwindigkeit verlangsamte sich, da sie aufgestaut wurde.
Es entwickelten sich erste Siedlungen von Menschen in keltischer Zeit, dann bauten die Römer ihre Villen auf den unteren Terrassen. Dörfer entwickelten sich, auf höheren Felsvorsprüngen entstanden Burgen. Die Steilhänge im Schiefer blieben dem Weinbau vorbehalten, den schon die Römer einführten. Und auf den lehmigen Bögen der Mittelterrassen entstanden Wiesen, Obstbau, Ackerbau und Gärten.

Extra

Unter Landmarken versteht man außergewöhnliche Formationen im Gelände, die zum Beispiel Wanderern zur Orientierung dienen. In der Serie "Landmarken der Region" werden solche Objekte im Landkreis Bernkastel-Wittlich vorgestellt. Dabei kann es sich um natürliche, aber auch um vom Menschen geschaffene Wahrzeichen handeln, deren Geschichte und Eigenschaften erläutert werden.

Mäandertäler sind regelmäßige Flusswindungen.

Weinbau und Mosel Das Landschaftsbild, das durch die Moselschleifen und die steilen Schieferhänge geprägt ist, gehört zum größten zusammenhängenden Weinanbaugebiet der Welt. Entlang ihrer 238 Kilometer zwischen Trier und Koblenz ist die Mosel von Reben gesäumt. Insgesamt ist die Fläche, auf der die Reben an der Mosel wachsen, 8884 Hektar groß. Damit ist es das fünftgrößte Weinanbaugebiet Deutschlands, und das älteste. Die geschützte Tallage und die Wärmespeicherung der Mosel begünstigen zwischen Trier und Briedel den Weinbau, denn die Reben profitieren von den 1400 Stunden Sonnenscheindauer, und die Wasserversorgung ist durch ausreichende Niederschläge gesichert. chb

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort