Die Fidschi-Inseln, sichere Schulen und eine fällige Entscheidung

Morbach · Im TV-Interview spricht Morbachs Rathauschef Andreas Hackethal über seine Amtszeit und wirft einen Blick in die Zukunft.

 Der Morbacher Bürgermeister Andreas Hackethal im Volksfreund-Interview: werbend, erfreut, argumentierend und nachdenklich. TV-Fotos (4): Klaus Kimmling

Der Morbacher Bürgermeister Andreas Hackethal im Volksfreund-Interview: werbend, erfreut, argumentierend und nachdenklich. TV-Fotos (4): Klaus Kimmling

Foto: Klaus Kimmling (m_wil )

Morbach Seit sechs Jahren ist Andreas Hackethal Bürgermeister der Einheitsgemeinde Morbach. In dem TV-Interview mit Ilse Rosenschild geht es um Chancen und die mögliche Struktur einer großen Hunsrückgemeinde, um Sinn und Unsinn des Nationalparks und die Zukunft des Themas Heimat in Morbach.

Herr Hackethal, Ihr Start im Morbacher Rathaus begann gleich mit einem Handicap. Sie hatten keinen Chefsessel. Den hatte Ihr Vorgänger, der heutige Landrat Gregor Eibes, ins Kreishaus mitgenommen. Das Problem ist behoben, nehme ich an?
ANDREAS HACKETHAL Ja, ich habe einen Bürostuhl. Und er funktioniert.

Gab es denn Irritationen zwischen Gregor Eibes und Ihnen?
Hackethal (schmunzelnd) Wegen des Bürostuhls? Nein, zu keinem Zeitpunkt.

Was war denn rückblickend die schwierigste Aufgabe in Ihrer Amtszeit?
Hackethal In der Kommunalpolitik gibt es fast keine einfachen Aufgaben. Eine der schwierigsten Situationen in den sechs Jahren war sicherlich der drohende Verlust der Polizeiinspektion Morbach beziehungsweise ihre Rückstufung zur Wache. Das war ein Thema, bei dem wir alle die Luft angehalten haben.

Das Ergebnis ist bekannt...
Hackethal Es ist damals gelungen, gemeinsam dem Land deutlich zu machen, dass eine solche Entscheidung das falsche Signal für den ländlichen Raum gewesen wäre. Aber wir müssen ein waches Auge haben, damit niemand auf die Idee kommt, so etwas noch mal anzudenken.

Und welches war die schönste Aufgabe?
Hackethal Die schönste Aufgabe ist sicher der direkte Umgang mit den Menschen - in allen Lebensumständen. Hier sind es natürlich die besonderen Anlässe, die schönen Ereignisse, die auch besondere Freude machen.

Wichtig war Ihnen schon vor sechs Jahren die Schaffung einer großen Hunsrückgemeinde. Es sieht ja so aus, als ob Sie kurz vor dem Ziel stünden.
Hackethal Der Hunsrück hat in seiner Geschichte immer darunter gelitten, dass er stets Spielball anderer war. Im besten Fall war er Aufmarschgebiet für andere Mächte. Und er sucht noch immer nach einer eigenen Identität. Wir tun also gut daran, keine Kirchturmpolitik zu betreiben, sondern im Rahmen von starken Kommunen zu denken. Und deshalb sollten wir eine große Hunsrückgemeinde anstreben. Das war schon damals meine Überzeugung. Und sie ist es heute noch.

Um jeden Preis?
Hackethal Nein, natürlich nicht. Uns war immer wichtig, dass Kommunen freiwillig zu uns kommen. Dieselbe Freiwilligkeit nehmen wir aber auch für uns in Anspruch.

Was heißt das ?
Hackethal Die Beschlüsse, die der Morbacher Gemeinderat mit Blick auf die Kommunalreform getroffen hat, wurden unter der Prämisse gefasst, dass das Land Rheinland-Pfalz die finanziellen Rahmenbedingungen so gestaltet, dass auch eine starke Hunsrückgemeinde entstehen kann. Es macht aber sicher keinen Sinn, wenn unsere Gemeinde zwar größer wird, wir aber unsere Handlungsfähigkeit verlieren.

Ist denn die Frage Einheitsgemeinde oder Verbandsgemeinde aus Ihrer Sicht vom Tisch?
Hackethal Wir haben in der Diskussion immer wieder deutlich gemacht: Wir können über alles reden, nicht aber über unsere Struktur der Einheitsgemeinde, mit der wir seit mehr als 40 Jahren gute Erfahrungen gemacht haben. Das Thema "Verbandsgemeinde" ist vom Tisch. Meine Auffassung ist ohnehin: Die Struktur einer Verbandsgemeinde ist nicht mehr zeitgemäß.

Die Einheitgemeinde ist also tabu. Werden Sie nicht ungeduldig, was die Kommunalreform angeht?
Hackethal Ich möchte den Morbachern ein großes Kompliment aussprechen, dass sie auch nach Jahren, in denen das Thema Kommunalreform auf der Agenda steht, bemerkenswert unaufgeregt und sachlich diskutieren. Aber: Das Thema muss jetzt entschieden werden.

Das Thema Nationalpark ist Ihnen damals vor die Füße gefallen. Halten Sie die Entscheidung von damals richtig, den Nationalpark abzulehnen?
Hackethal Der Nationalpark ist heute Realität. Und deshalb ist die Frage müßig. Denn heute können wir besser als damals erkennen, wo die Entwicklung hingeht. Es gab vor allem drei Gründe, aus denen wir dem Nationalpark zurückhaltend gegenüberstanden.

Und die wären?
Hackethal Ein ökonomischer: Es gibt viele Betriebe, die in vielerlei Hinsicht vom Werkstoff Holz abhängen und auf die Ressourcen aus der Region zurückgreifen müssen. Ein sozialer: das Thema Brennholzabgabe. Das hat sich in den vergangenen Jahren entspannt, weil in den milden Wintern der Vergangenheit weniger Brennholz nötig war.

Und der dritte?
Hackethal Ein ökologischer: Bei uns findet eine nachhaltige Waldbewirtschaftung statt. Abstrakt dargestellt, werden für jeden Baum, der gefällt wird, drei neue gepflanzt. Wenn Einigkeit besteht, dass wir heute mehr denn je auf den Werkstoff Holz angewiesen sind, dürfen wir uns nichts vormachen und danach handeln, dass wir bei uns große Gebiete aus der Nutzung herausnehmen, dafür aber das Holz aus Ländern anfahren lassen, bei denen die Nachhaltigkeit gerade nicht praktiziert wird und etwa eine Aufforstung nicht erfolgt.

Was folgt für Sie daraus?
Hackethal Dann fehlt der ökologische Nutzen. Trotz unserer damaligen Entscheidung haben wir das Thema mit konkreten Schritten stets konstruktiv begleitet.

Was heißt das?
Hackethal Zum Beispiel war die Morbacher Tourist-Info eine der ersten, die als Nationalpark-Informationsstelle diente. Und wir waren auch eine der ersten Kommunen, die den Nationalpark in ihrem Gästemagazin bewarb.

Ist es denn denkbar, dass Morbach sich noch assoziiert?
Hackethal Warten wir's doch mal ab…

Das Land hat die Existenz von Zwergschulen auf den Prüfstein gestellt. Wie groß ist die Gefahr, dass eine der drei Schulen geschlossen wird?
Hackethal In der Vergangenheit waren es vier Schulen. Vor zwei Jahren haben wir uns zu dem schmerzhaften Schritt entschlossen, die Grundschule in Gutenthal zu schließen. Wie ist die Situation jetzt: Die Grundschule Morbach hat rund 300 Schüler, platzt aus allen Nähten und ist die größte Grundschule im Landkreis. In Morscheid gibt es vier Klassen. Da besteht derzeit keine Gefahr. Lediglich Haag steht auf der Prüfliste des Landes.

Und was passiert mit den Schülern, wenn die dortige Grundschule geschlossen würde?
Hackethal In Morbach ist kein Platz mehr vorhanden. Und dass Haager Kinder nach Morscheid gehen ist mit den Richtlinien in Rheinland-Pfalz nicht vereinbar, weil die Busfahrt an diesen Standort über eine halbe Stunde dauern würde. Wir kämpfen um unsere Grundschule!

Morbach hat sich einen Namen mit der Energielandschaft gemacht. Jetzt ist es um sie still geworden. Woran liegt das?
Hackethal Zunächst müssen wir einmal festhalten: Uns ist es gelungen, in den vergangenen Jahren nur mit gezielten Führungen mehr als 50 000 Menschen aus 115 Ländern der Welt nach Morbach zu bringen. Mit die letzten waren Vertreter der Fidschi-Inseln. Und es ist ja schon eine Botschaft, dass die Menschen aus der ganzen Welt sich bei uns über erneuerbare Energien informieren. Sie kommen nach wie vor.

Wie geht es dort weiter?
Hackethal In der Energielandschaft soll es zu einem sogenannten "Repowering" kommen. Das heißt: Die Windräder, die inzwischen in die Jahre gekommen sind, sollen durch neuere, stärkere ersetzt werden. Dabei wird es sich um Windräder der neuesten Generation handeln und auch nochmal zusätzliche Attraktivität mit sich bringen. Übrigens: Auch die Konzentration an erneuerbaren Energiequellen im ehemaligen Munitionslager ist nach wie vor einzigartig.

Inwiefern?
Hackethal Dort gibt es unter anderem neben Windrädern auch eine Biogasanlage, ein Holzhackschnitzelkraftwerk und Photovoltaikanlagen. Den Umfang dieser Photovoltaikanlagen haben wir in den vergangenen zwei Jahren mehr als verdoppelt. Wir haben inzwischen mehr als 40 000 Quadratmeter vorzuweisen.

Ruhig ist es auch um das Thema Heimat geworden. Es gab beispielsweise in diesem Jahr kein Open-Air-Kino ….
Hackethal Auch hier können wir einen großen Erfolg verbuchen: Die Themen "Edgar Reitz, Heimat und Hunsrück" haben wir in den vergangenen Jahren fest in Morbach verankert. Diese Themen haben nur eine Heimat und die ist in Morbach! Und wir verfolgen sie weiter. Wir führen Überlegungen, das Thema weiterzuentwickeln. Inwiefern? Dazu später mehr.

Gibt es etwas, worauf Sie besonders stolz sind?
Hackethal Besonders stolz kann man darauf sein, dass es in der Gemeinde Morbach immer wieder gelingt, durch ein großes ehrenamtliches Engagement unsere Gesellschaft weiterzubringen. Die Tätigkeiten, die in den vielfältigsten Vereinen, ob Kultur, Heimat, Musik, Sport oder unseren Feuerwehren betrieben werden, tragen dazu bei, die Kinder in die Gesellschaft einzuführen, den Erwachsenen eine Heimat zu geben und den Alten eine großartige Hilfestellung zu bieten. Denjenigen, die sich in den unterschiedlichen Bereichen engagieren, kann man nur ein großartiges Dankeschön sagen.

In zwei Jahren wird in Morbach ein neuer Bürgermeister gewählt. Wie sieht es denn aus? Wollen Sie wieder antreten?
Hackethal Ja.

Ilse Rosenschild

Das komplette Interview ist online zu lesen unter der Adresse
www.volksfreund.de
TV-Interview Andreas Hackethal Extra: ZUR PERSON

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Andreas Hackethal (43) ist verheiratet und hat zwei Kinder. Der gelernte Jurist stammt aus Morbach und wohnt in Bernkastel-Kues. Er ist seit September 2011 Bürgermeister der Einheitsgemeinde Morbach.

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