Ein Besuch bei Künstler Heinrich Schlöder Die Kraft als Achse allen Seins

Bernkastel-Kues · Seit zehn Jahren ist er in der Burgstraße im Stadtteil Bernkastel zu Hause: Hier lebt und arbeitet der Maler Heinrich Schlöder.

Das dreiteilige Wandgemälde von Heinrich Schlöder trägt den Titel "Sonnenuntergang im Forst".Foto: Marita Blahak

Das dreiteilige Wandgemälde von Heinrich Schlöder trägt den Titel "Sonnenuntergang im Forst".Foto: Marita Blahak

Von den Blumenkästen herab grüßen Bachus-Variationen die Passanten und Gäste. Die Haustür, eine kunstvolle Kupfertreib-arbeit des Besitzers, ist nicht nur Einlass für Besucher seiner Galerie, sie zeigt gleichzeitig sehr eindrucksvoll das philosophische Thema in Schlöders künstlerischem Schaffen: „Die Kraft als Achse allen Seins“ ist dargestellt als Vertikale, die einen Kreis (das Universum) durchschneidet. „Die Kraft geht von der Achse aus in das Universum“, so beschreibt er selbst sein Thema, das den größten Teil seiner Bilder beherrscht. Ausgangspunkt zu seiner „Kraftachse“ war eine Ausstellung 1986 im Moselweinmuseum.

Damals zeigte er den Sonnen-Zyklus als eine der ersten Arbeiten. Dem Malen widmet sich der Mittsechziger erst seit rund 30 Jahren, obwohl schon in der Schule sein Talent fürs Zeichnen hervortrat. Doch er beschritt zunächst andere berufliche Wege. Erst später machte er Entwürfe für Bauwerksgestaltung.

Jeden Tag trifft man nicht nur in unserer Region auf Schlöders Kunst: Das Logo für den Maare-Mosel-Radweg stammt ebenso von ihm wie die „Burgbergtunnel“-Gestaltung. Ende der 60er Jahre begann Schlöder mit Kupfer-Treibarbeiten – ein schönes Beispiel ist die Tür am Haus des Handwerks in Wittlich.

Dann widmete er sich seiner großen Leidenschaft – der Malerei. Und wer durch seine Bildergalerie im Erdgeschoss des Hauses wandert, der entdeckt eine Besonderheit, die die meisten seiner Werke kennzeichnet – eine imaginäre Vertikale, die den unteren und oberen Bildrand in der Mitte durchstößt.

Leben erwächst aus Steinen

„Das ist eine ganz wichtige Aussage in meiner Malerei – die Kraft sprengt den Rahmen als Beziehungspunkt von der Erde ins Universum“, betont Schlöder. Sein zweites Thema ist das „Leben aus dem Stein“ – untergeordnet unter die Kraftachse.

Dies ist sehr eindrucksvoll in seiner Malerei erkennbar: Natur und Lebewesen, die förmlich aus grau-braunem Stein herauswachsen. Wie etwa die Mosel-Sphinx, die aus dem Moselschiefer wächst und die Hand mit Trauben über das Moseltal tief unten ausstreckt – ein kleiner Star lässt sich von ihr beim Traubenfressen nicht stören.

„Da ist so ein bisschen Ironie drin, das sind diese fruchtbaren Gegensätze, die das Leben erst in Schwung bringen“, sagt Schlöder augenzwinkernd.

Abweichend von der wissenschaftlichen Vorstellung des Urknalls ist Schlöder der Meinung, dass sich von der Kraftachse her das Universum in Form eines Gespinstes ganz allmählich entwickelte. Der Stein spielt dabei eine herausragende Rolle: „Der Stein als Fundament, auf dem wir durchs All fliegen.“

Durch die Mikroorganismen komme das Leben aus dem Stein, „dieser These sind auch die Wissenschaftler nicht mehr abgeneigt“, behauptet Schlöder.

Auch Landschaften wachsen aus dem Stein, Leben wächst aus dem Stein und kehrt dorthin zurück. Denn wie steht es in der Heiligen Schrift: Staub bist du und zu Staub sollst du zurückkehren.

Schlöders Technik, eine einzigartige Öl-Mischtechnik auf Holz, die er natürlich nicht preisgibt, kommt seinem Thema Stein sehr nahe. So sind Schlöders Gemälde Bilder der Evolution: „Millionen Jahre liegen dazwischen, es sind Zeitrafferbilder“, sagt er.

So abstrakt sein Thema auf den ersten Blick ist, so verständlich und begreiflich will Schlöder es für den Laien machen. Das gelingt ihm, indem er das Thema Evolution immer wieder figürlich zum Leben erweckt. Dabei sind seine Werke keine Zufallsprodukte, „ich gehe mit einem Bild lange schwanger, bis es dann zur Welt kommt“, verrät der Maler.

Bilder entstehen aus dem Alltag

In den meisten Fällen existieren vorher Bleistift-Skizzen, die er später in seiner aufwendigen Technik mit versiegelter Oberfläche umsetzt. Bei ihm findet man auch keinen Bilderrahmen, sondern nur einen Bildabschluss, „Rahmen“ und Gemälde sind aus einem Guss.

Schlöder lebt mit seinen Bildern – und das ist wörtlich zu verstehen.

„Meine Staffelei ist eine Wand im Wohnzimmer, hier male ich, hier schaue ich zehn Mal hin, bevor ich ein Mal male“, verrät Schlöder. Er lebe mit jedem einzelnen Bild, „die Bilder entstehen nicht abseits in einem Atelier, sondern mitten in meinem Alltag - und genau das ist mir sehr wichtig“, ergänzt Schlöder.

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