Die "Mietsies" und der "Monacofranze"

BINSFELD. Hausnamen sind Teil der Identität eines Dorfes. In Binsfeld beschäftigt sich der Verein zur Förderung der Heimat- und Kulturpflege mit deren Aufarbeitung.

Die Kröschels gehören zu den ältesten Familien in Binsfeld. Mit der Geschichte des Binsfelder Posthalters Kröschel aus dem 17. Jahrhundert haben sich bereits mehrere Historiker beschäftigt. Somit ist Ernst Kröschel, Mitglied im Verein zur Förderung der Heimat- und Kulturpflege, in der glücklichen Lage, vieles zur Historie seiner Vorfahren zu kennen. Eine Haustür aus dem Jahre 1639 mit den Initialen "N K" ziert zudem den Platz am Binsfelder Postkreuz in der Dorfmitte.Auch neue Namen entstehen

Dennoch wird die Familie Ernst Kröschel in Binsfeld unter dem Hausnamen "Mietsies" gerufen. Der Grund: Das eigen geprägte "Mietsies" ist eine Abwandlung des Vornamens Matthias Kröschel aus der Zeit um 1900. Bei Bäckermeister Norbert Schnur ist die Erläuterung zur Herkunft des Hausnamens selbstredend: "Als meine Familie vor 105 Jahren nach Binsfeld gekommen ist, war unser Hausname sofort klar, nämlich ‚Bäcker'." Bereits seit 250 Jahren wird die Familie von Walter Valerius als "Boar" bezeichnet. Damals siedelte die Familie aus dem benachbarten Mulbach über, wo sie am Dorfbrunnen (= Boar oder Born) gewohnt hatte. Für viele andere Hausnamen in Binsfeld gilt: Sie warten auf Klärung ihrer Herkunft. Auslösender Faktor für die Erforschung der Hausnamen war eine "Zugezogene" aus Neuss, die nach Binsfeld eingeheiratet hat. Seit 1991 wohnt Petra Born im Ort und hat sich zunächst für die Geschichte ihrer Familie mit Hausnamen "Franzen" interessiert. Schließlich übertrug sich das Interesse auf die benachbarten Häuser. Und als dann der Schwiegervater meinte, dass in Binsfeld das Wissen über die Herkunft der Hausnamen verloren gehe, stand für Petra Born fest: Da müssen mehr Leute hinzu. Sie wandte sich an den Verein zur Förderung der Heimat- und Kulturpflege. Ihr Anliegen fiel auf äußerst fruchtbaren Boden. Etliche der Vereinsmitglieder sind seither Feuer und Flamme. Je mehr die Männer erzählen, desto mehr glänzen ihre Augen: Walter Valerius hat eine fast 200 Jahre alte Katasterkarte organisiert, aus der sich 126 Hausnummern ermitteln lassen. Lothar Schmidt nennt als Ziel, die Namen aus der Karte mit den heutigen Häusern in Verbindung zu bringen und den Ursprung der Hausnamen zu ermitteln. "Wir wollen alte Leute aufsuchen und als Ergebnis der Gespräche eine Liste erstellen", ergänzt Reinhold Faber. Klar ist allen, dass eine solche Liste keinesfalls eine starre Auflistung sein wird. Hausnamen entstehen, wandeln sich und verschwinden im Laufe der Zeit. Hausnamen als unverwechselbare Identität werden immer seltener, so ihre Befürchtung. Die Kinder werden oft nicht mehr nach dem überlieferten Hausnamen genannt, sondern nach ihrem offiziellen Nachnamen, auch wenn sie im Elternhaus wohnen bleiben. Andererseits entwickeln sich neue Namen. Deren Wurzeln sind allerdings nicht historischer Art, sondern orientieren sich an Spitznamen oder gar an Motiven aus Fernsehsendungen. Bestes Beispiel: Ein mittlerweile verstorbener Binsfelder wurde Monacofranze genannt. Grund: Bevor er nach Binsfeld zog, stand er in Diensten des Fürstenhauses von Monaco.Heimatabend im November

Konkrete Ziele haben die Heimatforscher aus Binsfeld mit ihrer Arbeit im Visier. Sie wollen die aktuellen und die bereits nicht mehr vorhandenen Hausnamen mit den Geschichten, die dahinter stecken, festhalten. Fotos der Häuser - früher und heute - sollen das Ganze dokumentieren. Fernziel ist die Veröffentlichung. Für November ist jedoch zunächst ein Heimatabend geplant, bei dem erste Ergebnisse vorgestellt werden sollen. Der Heimatverein ruft die Bevölkerung zur Teilnahme auf. Walter Valerius und Lothar Schmidt nehmen Hinweise jederzeit entgegen.

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