Die Primadonna der Bernkasteler Straßen

Eine Bundesstraße, auf der keiner mehr fahren darf - ein Kuriosum, das in Bernkastel-Kues seit zehn Jahren Realität ist: Seit der Eröffnung des Burgbergtunnels Ende Juni 1997 sind Markt und Burgstraße in der historischen Altstadt zur Fußgängerzone geworden.

Bernkastel-Kues. 550 Meter ist er lang, mit rund 30 Millionen Mark hat er fast doppelt so viel gekostet wie ursprünglich geplant, und es dauerte zwei Jahre und acht Monate Bauzeit, bis er endgültig fertig gestellt war: Der Burgbergtunnel, der die B 53 mit der B 50 verbindet, wurde vor zehn Jahren, Ende Juni 1997, für den Verkehr freigegeben. Dank des Jahrhundertbauwerks wird der Verkehr vom und in den Hunsrück seitdem umgeleitet: Die historische Altstadt von Bernkastel-Kues, Anziehungspunkt für zahlreiche Touristen, wurde zwischen Markt, Römer- und Burgstraße zur Fußgängerzone. "Vorher war die Burgstraße eine der hässlichsten Straßen Bernkastels", erinnert sich Stadtbürgermeister Wolfgang Port zurück, "inzwischen ist sie die Primadonna unter ihnen". Kaum vorstellbar, dass sich zuvor Fußgänger, die die teils 400 Jahre alten Gebäude bewunderten, mit Autos, LKW und Bussen den historischen Ortskern teilen mussten. "Das war manchmal ganz schön gefährlich", erinnert sich Helmut Henrich, Inhaber des Blumengeschäfts am Markt. Ganz verschwunden ist der Verkehr in der Gasse zwischen Markt und Burgstraße - immer noch offiziell eine Bundesstraße - dennoch nicht: Zwischen sechs und elf Uhr morgens darf der Lieferverkehr sie durchfahren, doch manche nehmen es damit nicht so genau. "Das ist ein Ärgernis", beklagt Patrick Lauerburg, Inhaber des gleichnamigen Weinguts am Markt. Dennoch begrüßt auch er den Tunnelbau: "Besonders im Sommer konnte man wegen der Abgase die Ladentür nicht aufmachen." Im Winter allerdings bleibt ein kleiner Wermutstropfen für manchen Händler: "Einige Kunden sind zu bequem, zu Fuß bis zu meinem Geschäft zu laufen, und bleiben deshalb weg", erzählt Blumenhändler Henrich. Dennoch ist auch er froh, dass Dreck und Lärm der ehemals zweispurigen Straße inzwischen der Vergangenheit angehören. Auch für die Infrastruktur Bernkastel-Kues ist der Burgbergtunnel ein Segen, betont Stadtbürgermeister Port: "Ohne ihn hätten wir die gleichen Probleme wie viele andere Städte: Leerstände in der Innenstadt, Verfall und weniger Touristen." Er räumt ein, dass der Tunnelbau nicht billig war - 80 Prozent der rund 30 Millionen teuren Baukosten trug damals das Land, jeweils zehn Prozent übernahmen der Kreis Bernkastel-Wittlich sowie die Stadt. "Dennoch war es eine sinnvolle Investition", ist der Stadtbürgermeister überzeugt. Zwischen 5000 und 5500 Fahrzeuge rollen täglich durch den Tunnel, auch die zahlreichen Unfälle, die die Polizeiinspektion Bernkastel-Kues gezählt hat, sind seit den unfallverhindernden Maßnahmen ausgeblieben: Um die Verkehrsteilnehmer auf die Lichtzeichenanlage am Ausgang des Tunnels aufmerksam zu machen, hat man Blinklichter angebracht sowie Querrillen, die die Autofahrer vor der Ampel warnen sollen. Und noch ein Gutes hatte die Tunneleinweihung im Jahre 1997: Die Steinfigur über dem Erker des Modehauses Hees bleibt seitdem verschont - bevor es den Burgbergtunnel gab, wurde ihr regelmäßig die Nase abgefahren.