Die pure Lust am Leben

Das 60. "Weinfest der Mittelmosel" hat alle Erwartungen übertroffen. Trotz Wirtschaftskrise saß bei vielen Besuchern das Geld locker. Der Wein floss in Strömen. Gleichwohl ging es sehr gesittet zu.

Bernkastel-Kues. Wie andere Berufsgruppen haben auch Winzer ihre Eigenarten. Nur nicht zugeben, dass es ihnen gutgeht, ist eine davon. Der Nachbar könnte ja mithören oder es lesen. So gab sich am Sonntagabend ein Winzer gesprächig und zugeknöpft zugleich. "Ich habe noch nie am Weinfest so viel Wein verkauft wie dieses Jahr. Aber schreiben sie meinen Namen bitte nicht", sagte er.

Das Geheimnis wird gewahrt. Der Mann dürfte aber für viele Kollegen gesprochen haben. Es wird Ausnahmen geben, doch reihum waren gestern nur positive Stimmen zu hören. Und der umsatzstarke Montagabend bei idealem Wetter wartete da noch. Die Menschen haben trotz oder vielleicht gerade wegen der Wirtschaftskrise gefeiert wie selten zuvor. Und alles blieb friedlich. Vom Sonntag meldete die Polizei überhaupt keine unliebsamen Vorfälle.

"Eins kann uns keiner nehmen, und das ist die pure Lust am Leben", spielte und sang das Volksmusik-Orchester Veldenz, als es am Sonntag beim Festzug über den Marktplatz marschierte. Dieses Motto beherzigten die mehr als 200 000 Besucher, die seit Donnerstagabend unterwegs waren.

Und auch der Nachwuchs erfreut sich schon an der Weinstraße - natürlich ohne Alkohol. Viktoria Mendel feierte am Montag zusammen mit 25 Kindern und Erzieherinnen der Kindertagesstätte St. Michael Bernkastel mit Bratwurst und Pommes ihren dritten Geburtstag.

Ganz beendet ist das Weinfest noch nicht. Während auf der Weinstraße die Stände abgebaut werden, hoffen die Schausteller und Kunsthandwerker am Kueser Moselufer heute, Dienstag, noch einmal auf ein gutes Geschäft. Der Rummelplatz lockt dabei mit verbilligten Preisen.

Meinung

Die viele Arbeit zahlt sich aus

Eingezäunte Gelände und Taschenkontrollen sind bei großen Festen keine Seltenheit mehr. Trotzdem schlagen Besucher über die Stränge. Zugegeben: Beim Weinfest in Bernkastel-Kues wäre ein solcher Sicherheitsapparat kaum umzusetzen. Und die 300 Meter lange Weinstraße als Käfig wäre auch nur schwer vorstellbar. Aber solche Vorkehrungen sind auch gar nicht nötig. In Bernkastel-Kues haben seit Donnerstag etwa 200 000 Menschen friedlich gefeiert. Bis Montagabend gab es weder schwere tätlichen Auseinandersetzungen noch Unfälle oder Auffälligkeiten bei Verkehrskontrollen. Nichts! Das ist keine Garantie für die nächsten Jahre, aber ein Beweis für die Qualität dieses Festes. Die viele Arbeit, die dahinter steckt, wird der Besucher kaum wahrnehmen. Sie können anreisen und genießen. Und wahrscheinlich ist der Wein auch ein Element, dass die Menschen zueinander führt. eg/dr c.beckmann@volksfreund .de EXTRA Ein beim Festzug mitgeführtes Frettchen (Foto) hat einige Tierfreunde auf den Plan gerufen. Das Tier sei von seinem Frauchen über eine längere Strecke an der Leine hinter sich hergezogen worden, berichtet Manfred Gessinger aus Altrich. Es habe alle Pfoten von sich gestreckt. Erst nach dem Protest einiger Zuschauer habe die Frau das Tier auf den Arm genommen. Gessinger will Anzeige wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz erstatten. Die Frau gehört zu einer Fußgruppe aus Karlsbad, der tschechischen Partnerstadt von Bernkastel-Kues, an. (cb)

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