Die Schönheit des Alters im Blick - Fotograf porträtiert Senioren in Morbach

Morbach/Lötzbeuren · Sie gehören zu den ältesten Menschen in ihrem Dorf, haben in ihrem Leben viel erfahren: die Senioren, die David Schmitz für ein Fotoprojekt in der Gemeinde Morbach porträtiert. Er wolle so die Kultur des Hunsrücks und die Ausstrahlung der Menschen festhalten, sagt der Fotograf.

 Das Projektteam: David und Antje Schmitz. TV-Foto: Hannah Schmitt

Das Projektteam: David und Antje Schmitz. TV-Foto: Hannah Schmitt

Es ist ein ungewöhnliches Projekt, das sich David Schmitz vorgenommen hat. Und noch dazu ein großes. Der Physiotherapeut und Fotograf will die älteren Menschen aus der Gemeinde Morbach porträtieren und ihre Geschichten auf Tonband aufnehmen. "Der Hunsrück ist für mich als Zugezogenen eine sehr eigene Region", sagt der 45-Jährige, der seit 1993 in Lötzbeuren (Verbandsgemeinde Traben-Trarbach) wohnt und in Morbach eine eigene Praxis betreibt. Misthaufen vor den Häusern oder Menschen, die draußen vor ihren Häusern sitzen und irgendetwas schälen - all das kenne jemand, der aus der Stadt komme, nicht. "Diese Geschichte und Kultur möchte ich festhalten, bevor sie verloren geht."
Entstanden ist die Idee aufgrund seines Berufs, als Physiotherapeut arbeitet er viel mit älteren Menschen zusammen. "Sie dürfen während der Therapie erzählen und machen das auch gerne", sagt Schmitz. "Und ich höre ihnen gerne zu. Das sind einfach interessante Sachen." Doch nicht nur ihre Geschichten faszinieren den 45-Jährigen, auch ihre Ausstrahlung und Schönheit hat es ihm angetan.
Keine gestellten Posen


Fotografiert hat Schmitz bereits als kleiner Junge - damals nutzte er die Kameras seiner Eltern und "hatte einfach Spaß damit". Er habe schon immer gerne Menschen und Situationen beobachtet, die ihm gefallen hätten. Die Initialzündung zum professionellen Fotografieren kam 2007 bei einer Reise nach Myanmar, dem früheren Birma. Diese Natürlichkeit und Authentizität der Menschen sei ihm vorher so noch nie begegnet, sagt Schmitz. Genau das wollte er in seinen Bildern festhalten. "Danach habe ich mich endlich entschieden, ein eigenes fotografisches Unternehmen zu gründen."

Natürlichkeit und Authentizität stehen auch bei seinem Fotoprojekt der Dorfältesten im Zentrum; gestellte Posen bleiben außen vor. "Ich will die Menschen so dokumentieren, wie sie sind." Auch wenn der eine oder andere vielleicht vor dem Termin noch zum Friseur gehe, wirft der Fotograf ein und lacht. Deshalb schießt Schmitz seine Bilder während seine Frau Antje die Menschen interviewt. In lockerer Atmosphäre, oft im Beisein der Familie.
Gesprochen wird über alles, was die älteren Damen und Herren preisgeben möchten - vom Krieg oder Haus und Hof bis hin zu Selbstverständlichkeiten, die sich heute niemand mehr vorstellen kann. Beispielsweise, wie schwer es früher war, Salz zu bekommen. "Die Menschen sind dafür zu Fuß von Morbach bis nach Bernkastel gegangen", erzählen Schmitz und seine Frau.
Gesten und Emotionen


Heraus kommen Bilder voller Gesten und verschiedenster Emotionen. 300 bis 500 sind es am Ende einer "Sitzung", plus 90 Minuten Tonbandaufnahmen. Zwischen fünf und 20 Fotografien kommen in die engere Auswahl. Die besten Fotos entstünden meist erst nach einer Stunde, wenn sich die Porträtierten entspannt hätten, erzählt Antje Schmitz. Das Gespräch komme hingegen schnell in Gang. "Wenn man nach der Kindheit oder der Familie fragt, dann ergibt sich automatisch ein interessantes und vielfältiges Gespräch."
Derzeit steht das Projekt jedoch noch am Anfang. Es sei sehr zeitintensiv, die Kontakte herzustellen, sagt David Schmitz. Dafür ist er zunächst an die Gemeinde herangetreten. Der ehemalige Bürgermeister Gregor Eibes war sein erster Ansprechpartner, die Ortsvorsteher der einzelnen Bezirke sowie Vorstellungsrunden in einzelnen Dörfern folgten. Die Vorstellung des Projekts sei auf großes Interesse gestoßen, sagt der Fotograf. Da schlummere etwas Besonderes, habe ein Ortsvorsteher zu ihm gesagt.

Drei Senioren haben Schmitz und seine Frau bislang besucht, interviewt und fotografiert. Höchstens zwei aus jedem der 19 Ortsbezirke sollen es am Ende werden. Aber auch Orte außerhalb der Gemeinde Morbach wollen die beiden einbeziehen. Das Ergebnis könnte laut Schmitz in einer großen Ausstellung präsentiert werden. Der Fotograf und Physiotherapeut plant mehrere Jahre für die Umsetzung ein, auch aufgrund seiner weiteren Aufträge - darunter Hochzeitsreportagen, Bilder von Neugeborenen und Reportagen aus Asien. Eine Projektpause ist beispielsweise ab Januar angesagt: Dann werden Schmitz und seine Frau erneut in Südostasien unterwegs sein, um eine Dokumentation über ein Krankenhausboot in Kambodscha zu erstellen.

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