Die Stiftung erbt und schweigt

Wittlich · Die Stiftung Stadt Wittlich ist erstmals Erbin. Das war der Wunsch des CDU-Politikers und bekannten Wittlichers Hubert Thönes. Die Öffentlichkeit weiß davon nichts. Aktuell kümmert sich noch ein Testamentsvollstrecker um den Nachlass.

 Ein Wittlicher Bürger hat in seinem Testament die Stiftung der Stadt Wittlich bedacht. TV-Foto: Klaus Kimmling

Ein Wittlicher Bürger hat in seinem Testament die Stiftung der Stadt Wittlich bedacht. TV-Foto: Klaus Kimmling

Wittlich. Überraschend verstarb vor einem Jahr Hubert Thönes. Der 56-Jährige war ein stadtbekannter Mann, als CDU-Kommunalpolitiker, als ehemaliger Inhaber einer Fleischwarenfabrik, als Vorsitzender der Casino-Gesellschaft, einfach als Wittlicher, der durchaus gerne in der Öffentlichkeit stand und auch als Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Stadt Wittlich von 1991 bis 2003. Diese besondere Einrichtung muss dem Junggesellen sehr am Herzen gelegen haben: "Die Stiftung Stadt Wittlich ist Erbin des Nachlasses des Herrn Hubert Thönes", bestätigt Geschäftsführerin Simone Röhr auf TV-Nachfrage.
Als Gerücht hat das die Runde gemacht, demnach soll in diesem Zusammenhang auch aktuell eine größere innenstadtnahe Immobilie verkauft werden - oder worden sein. Das wird von der Stiftung weder bestätigt noch dementiert.Doch warum hat sie bislang nicht publik gemacht, dass Hubert Thönes ihr etwas hinterlassen hat?
"Der Nachlass befindet sich in externer Testamentvollstreckung. Wir bitten um Verständnis, dass wir hierzu derzeit keine Fragen beantworten können. Sobald das Verfahren abgeschlossen ist, werden wir selbstverständlich informieren", lautet die Antwort.
Immerhin, geheim gehalten wurde der ungewöhnliche Wunsch des Verstorbenen, es ist für die Stiftung eine Premiere, nicht wirklich. Auf die Frage, wer denn alles weiß, dass die Stiftung Erbin des Nachlasses ist, sagt Simone Röhr: "Neben den Stiftungsgremien im Besonderen sind die städtischen Gremien allgemein über die Erbschaft informiert." Das gilt auch für Mitarbeiter der Stadtverwaltung, aber nicht für den normalen Wittlicher Bürger. Dabei ist der Vorgang durchaus ungewöhnlich. Seit Gründung der Stiftung 1990 ist in der Satzung festgeschrieben: "Zuwendungen können ausdrücklich für die Erhöhung des Stiftungsvermögens bestimmt sein (Zustiftungen).Geld verloren


Zustiftungen können ab einem Betrag von 10 000 Euro mit dem Namen des Zustifters verbunden werden." Und die Thönes-Zustiftung wäre eine Premiere, zu der es allgemein jetzt heißt: "Bislang haben wir nicht offensiv hierfür geworben. Wir werden dieses Thema künftig mehr forcieren." Immerhin sucht man für das seit 1999 zum größten Teil von der Deutschen Stiftungszentrum GmbH in Essen (DSZ) verwaltete Vermögen nach guten Anlagemöglichkeiten, um das Kapital zu vermehren.
Das hat in der jüngsten Vergangenheit nicht immer, wie einst erhofft, funktioniert. "Die Erträge sind unter anderem abhängig von der allgemeinen wirtschaftlichen Lage und dem Zinsniveau auf dem Kapitalmarkt. In den letzten Jahren mussten die Zuschüsse an Antragsteller insgesamt reduziert werden", sagt Simone Röhr und: "Aufgrund der Entwicklung auf den Kapitalmärkten haben sich sowohl die Erträge als auch Jahresergebnisse in den vergangenen zehn Jahren rückläufig entwickelt. Nach Abzug der Aufwendungen etwa für Personal- und Beratungskosten, Kosten der Vermögensverwaltung, Versicherungen, Beiträge, reduzierten sich somit auch die Mittel, die für Satzungszwecke zur Verfügung stehen. Waren 1999 noch Zinsen in Höhe von sieben Prozent für Festanlagen möglich, liegen diese heute nur noch bei rund ein bis drei Prozent je nach Anlage."
Zur Entwicklung des Eigenkapitals teilt sie mit: 1991 wurden zehn Millionen Mark eingebracht, drei Jahre später wurde ein weiterer Betrag von rund 7,43 Millionen Mark eingebracht, das Stiftungskapital wuchs auf 18,2 Millionen Mark. Im Jahr 2000 waren es 24,47 Millionen Mark, aber 2011 stand das Eigenkapital nur noch bei 10,65 Millionen Euro (etwa 21, 3 Millionen Mark). Da merkt der Laie: Da ging Geld verloren.Umfassende Information folgt


Und die Empfänger merken es auch: Die Stiftung, die Kultur, Soziales und Sport fördert, fährt ihre Zuschüsse zurück. Jüngstes Beispiel: das Emil-Frank-Institut, das bislang 35 000 Euro im Jahr erhielt. Für 2013 wurde der Zuschuss auf 15 000 Euro gesenkt. Simone Röhr sagt mit Blick auf die Entwicklung: "In den letzten Jahren mussten die Zuschüsse an Antragsteller insgesamt reduziert werden."
Doch noch einmal nachgefragt: "Warum hat die Stiftung eigentlich nicht publik gemacht, dass Herr Thönes ihr etwas hinterlassen hat beziehungsweise hinterlassen wollte?" Dazu sagt Simone Röhr abschließend: "Grund hierfür war der Letzte Wille des Erblassers, eine Testamentsvollstreckung einzusetzen.Noch kein konkreter Zeitpunkt


Da diese vollends noch nicht abgeschlossen ist, ist eine Information im laufenden Vollstreckungsverfahren nicht zielführend. Der Stiftung Stadt Wittlich wird das Erbe nach Abschluss der Vollstreckung im Rahmen einer Zustiftung übertragen. Der konkrete Zeitpunkt steht noch nicht fest, da das Testamentsvollstreckungsverfahren nicht komplett abgeschlossen ist. Selbstverständlich wird dann umfassend informiert."Meinung

Wem nützt das?
Irgendwie seltsam. Was hätte es geschadet, einfach öffentlich zu sagen: Hubert Thönes will der Stiftung was vererben, aber was genau es sein wird, muss noch geprüft werden? Das verstehe wer will. Öffentliche Anlässe hätte es genug gegeben. Selbst ein Jahr nach seinem Tod will man nicht wirklich darüber reden, was der Letzte Wille des Mannes war. Das ist alles sehr merkwürdig. Die stets zielführende Frage lautet: Wem nützt das? Sie kann an dieser Stelle nicht wirklich beantwortet werden. s.suennen@volksfreund.deExtra

Je nachdem, wie zum Stichtag der Wirtschaftsjahresabschlüsse das etwa in Aktien angelegte Vermögen bewertet wird, zeigen sich auch die Zahlen zur Stiftung, die Geschäftsführerin Simone Röhr auf TV-Nachfrage zur Verfügung stellt. Wirtschaftsjahr 2001: Erträge: 1 226 079 Euro, Aufwendungen: 2 132 288 Euro, Jahresergebnis: -906 208 Euro: Anmerkung: Es mussten Abschreibungen auf Finanzanlagen und Wertpapiere des Umlaufvermögens in Höhe von insgesamt 1 542 754,66 Euro vorgenommen werden. Diese resultierten aus der allgemeinen Entwicklung am Aktienmarkt. Wirtschaftsjahr 2005: Erträge: 1 033 974 Euro, Aufwendungen: 456 686 Euro, Jahresergebnis: 577 288 Euro Wirtschaftsjahr 2006: Erträge: 740 554 Euro, Aufwendungen: 175 101 Euro, Jahresergebnis: 565 453 Euro Wirtschaftsjahr 2009: Erträge: 921 631 Euro, Aufwendungen: 348 956 Euro, Jahresergebnis: 572 675 Euro Wirtschaftsjahr 2010: Erträge: 683 382 Euro, Aufwendungen: 447 431 Euro, Jahresergebnis: 235 951 Euro Wirtschaftsjahr 2011: Erträge: 420 344 Euro, Aufwendungen: 1 012 297 Euro, Jahresergebnis: -592 226 Euro: Anmerkung: Es mussten Abschreibungen auf Finanzanlagen und Wertpapiere des Umlaufvermögens in Höhe von insgesamt 846 525,37 Euro vorgenommen werden. Diese resultierten aus der allgemeinen Entwicklung am Aktienmarkt. Noch nicht offiziell aber geplant sind folgene Zahlen: Wirtschaftsjahr 2012 (Wirtschaftsplan) Erträge: 402 590 Euro, Aufwendungen: 251 477 Euro, Jahresergebnis: 151 113 Euro Wirtschaftsjahr 2013 (Wirtschaftsplan) Erträge: 345 464 Euro, Aufwendungen: 246 499 Euro, Jahresergebnis: 98 965 Euro.Extra

Die Errichtung der Stiftung Stadt Wittlich wurde 1990 durch den Stadtrat beschlossen. Das Kapital stammt ursprünglich aus dem Verkauf des städtischen Niederspannungsnetzes an die RWE. Mit den Erträgen werden seit 1991 Kunst, Kultur, Wissenschaft, Forschung, Umwelt und Sport unterstützt.

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