Die unglaubliche Geschichte

TRABEN-TRARBACH/WOLF. Andere Zeiten, andere Sitten: Als sich die Feuerwehrkapelle 1928 gründete, war sie ein reiner Männerladen. Und existierte nur, weil man Trompeter brauchte, die das Signal für die anstehenden Löschübungen gaben.

 Wer in Wolf Blasmusik machen möchte, spielt nicht in fremden Musikvereinen: Viel zu viel Spaß macht es in der eigenen Feuerwehrkapelle, deren Dirigent seit 1998 Leo Schiffels heißt.Foto: Petra Geisbüsch

Wer in Wolf Blasmusik machen möchte, spielt nicht in fremden Musikvereinen: Viel zu viel Spaß macht es in der eigenen Feuerwehrkapelle, deren Dirigent seit 1998 Leo Schiffels heißt.Foto: Petra Geisbüsch

Das ist alles Geschichte und nur noch auf der CD "Unglaublich" nachzulesen. Längst kann die Wolfer Kapelle stolz sein auf ihre gesunde Geschlechter- und Altersstruktur: Knapp 30 Frauen und Männer, die seit den 60-ern auch nicht mehr Mitglied in der Feuerwehr sein müssen, treffen sich jeden Donnerstag in der Alten Schule und proben auffallend gut gelaunt ihr Repertoire durch. Auch dies hat sich geändert im Lauf der Jahrzehnte: Zu den klassischen Stücken von Blasmusikanten, den Märschen und den Polkas, gesellten sich die Westside-Story, Musical-Melodien und Stücke von Jacques Offenbach, den Bee Gees oder alte Gassenhauer, die die Zuhörer schon mal von den Stühlen reißen. Am kommenden Montag zum Beispiel, wenn sie traditionell ihren Auftritt zur Kirmes in Niederöfflingen haben. Der Dirigent Leo Schiffels kommt nämlich von dort, und Freundschaften werden gepflegt in der Feuerwehrkapelle, sowohl nach innen wie nach außen. Davon profitieren im Endeffekt alle. Besonders anschaulich demonstrierten die Wolfer ihr Talent, Musik, Spaß, Geselligkeit und Wissensdurst zu verbinden, als sie im vergangenen Jahr nach Texas flogen. 14 Tage lang erkundeten sie das Land, wohnten in den Familien ausgewanderter Deutscher und gaben - Ehrensache - auch mehrere Konzerte für die traditionsbewussten Ex-Germanen. "Wir traten sogar im Regierungssitz in Houston auf", erzählt der Vorsitzende Oliver Sausen. Erste Rückbesuche haben schon stattgefunden. Seitdem spielen auch zwei Mann mehr mit. "Braucht ihr nicht zufällig noch ein Tenorhorn?", hatte ein Lüxemer gefragt, als er von der USA-Fahrt hörte. Er musste es nie bereuen, im Gegenteil. Stephan Caspari kommt furchtbar gern zur Probe an die Mosel. Er schwört auf die einwandfreie Kameradschaft unter den Leuten hier. "Seit ich hier bin, und das sind immerhin schon acht Jahre, hat es keinen einzigen Streit gegeben", bestätigt Schiffels. Vor den obligatorischen Frühlingskonzerten trommelt er die Kapelle zu intensiven Probenwochenenden zusammen. Hier werden Mittel- und Oberstufenstücke einstudiert, denn mit weniger gibt man sich nicht zufrieden. Ansonsten bereichern sie das dörfliche Leben beachtlich, spielen zum Weinfest, geben Weihnachtskonzerte unter freiem Himmel und sind am Sonntag vor Heiligabend beim Weihnachtsspiel dabei. Auch Prominenz gibt es in den Reihen des Vereins: Die ehemalige Gebietsweinkönigin Marion Erbes spielt hier die Querflöte. Und zwei Musikerinnen, die schon lange in Bad Vilbel leben, verpassen niemals einen Auftritt ihrer alten Kapelle, in der sie sich die ersten Sporen verdienten: Treu reisen sie an, besuchen die Proben, wann immer sie Heimaturlaub machen. Großen Wert legen die Wolfer seit den Zeiten von Heinz Claus, der über Jahrzehnte die zentrale Figur der Kapelle war, auf die fundierte Ausbildung des musikalischen Nachwuchses. Dabei arbeiten sie mit einer privaten Musikschule zusammen, die derzeit neun Kinder in der Instrumentenausbildung und die gleiche Anzahl in der musikalischen Früherziehung hat. Da stellt sich im Sommer die Frage: Mit welchem Instrument machen sie weiter? "Hoffentlich ist jemand dabei mit Interesse am Horn", sagt Sausen. Das könnten sie gut gebrauchen, neben einem Tubisten natürlich, die überall knapp sind.

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