"Die Welt ist eine Turnhalle"

WITTLICH. Die CDU Bernkastel-Wittlich feierte ihren 60. Geburtstag mit einem Stargast: Eberhard Gienger. In einem sehr lebendigen Vortrag erläuterte die Turnerlegende, was sie vom Leistungssport für das Leben und die Politik gelernt hat.

Genauso schwungvoll wie Eberhard Gienger auf die Bühne hüpft, genauso schwungvoll hält der drahtige Mann auch seinen Vortrag bei der 60-Jahr-Feier der CDU Bernkastel-Wittlich. Ab und an amüsiert der einstige Weltmeister am Reck die 220 Zuschauer im vollen Lindenhofsaal mit urschwäbischen Weisheiten. Für Heiterkeit sorgt aber auch sein Körpereinsatz, wenn er dem Publikum eine komplizierte Turnfigur näher bringen will und dafür sein ausgestrecktes Bein elegant aufs Rednerpult hievt und mit den Armen Verrenkungen vollführt. Gleichzeitig hat der Vortrag des 54-Jährigen Tiefe. Die gute Mischung dankt ihm das Publikum, zu dem neben langjährigen Parteimitgliedern JU-Vertreter, Ortsbürgermeister, VG-Bürgermeister und die Landrätin gehören, mit lang anhaltendem, kräftigem Applaus und Bravo-Rufen. Gienger skizziert wichtige Stationen seines Turnerlebens. Immer bescheiden bleiben, aber beherzt alles geben, wenn es darauf ankommt - das hat er von dem 73-Jährigen gelernt, der ihn entdeckte. Schon in der Schulzeit trainiert Gienger täglich mehrere Stunden äußerst diszipliniert. Japan, wo Gienger sich während des Studiums zum Diplomsportlehrer aufhält, ist für ihn eine wichtige Erfahrung. Dort lehrt ihn die absolute Hierarchie des Alters - auch ein Jahr ältere muss er bedienen - ein besseres Verständnis für Unterlegene. Wie die Japaner fängt er an, sein Turngerät als Freund zu begreifen, bei dem man sich bedankt, anstatt in ihm wie in hiesigen Landen den Feind zu sehen, den man besiegen muss. Bei der Weltmeisterschaft 1974, die Gienger gewinnt, ist es für ihn besonders wichtig, in ein Team eingebettet zu sein. Doch auch im Leben des Spitzensportlers geht es nicht immer nur bergauf. Eine Zeit von "Partying statt Training" rächt sich mit einer verpatzten Europameisterschaft. Einmal fällt er beim Wettkampf vom Gerät. Doch Gienger kämpft weiter und schafft es, auch in Niederlagen Positives zu erkennen. Misserfolge hätten ihm geholfen, falsche von echten Freunden zu unterscheiden, sagt er. Oder dann die Geschichte, wie er den Gienger-Salto erfindet. Eigentlich will er eine andere Übung lernen, doch baut er dabei ein Element falsch ein. Sein Kommentar: "Es muss nicht immer schlecht sein, etwas nicht zu können." Giengers grundsätzliche Erkenntnis: "Die Welt ist eine Turnhalle." Disziplin, Teamfähigkeit, der Umgang mit Sieg und Niederlage - all das, was er im Sport gelernt habe, habe sich in Beruf und Politik wiederholt. Eberhard Gienger, der heute eine Sportagentur leitet, hat auf die Bitte von Ex-Verkehrsminister Matthias Wissmann hin den Wahlkreis Neckar-Zaber übernommen. Nun ist er in der zweiten Wahlperiode Bundestagsabgeordneter.

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