Die Wittlicher Klo-Krise

Wittlich · Die stillen Örtchen in Wittlich: Für die Stadt ein teures Vergnügen. Trotzdem - oder genau deshalb - gibt es nur wenige öffentliche Anlagen. Mehr Toiletten und gleichzeitig weniger Kosten: Ein Konzept mit dem Namen Nette Toilette würde das möglich machen. Dafür wirbt Karsten Mathar vom Stadtmarketing.

Wittlich. Der Tourist bekommt in Wittlich zwar viel geboten. Es gibt aber etwas, wo jeder mal hin muss, wo man in der Stadt aber nicht immer gerade mal schnell hin kann: aufs stille Örtchen. Ausgerechnet diesen Ort muss man in Wittlich lange suchen. Für den Touristen, der sich aber das "Müssen" verkneifen muss, während er durch die Straßen wandert, wird der Anblick der Sehenswürdigkeiten vielleicht dann doch zur Qual. Und in Kauflaune kommt er so auch nicht.
Die Stadt hält das Vorhandensein öffentlicher Toilettenanlagen für "unabdingbar", wie Büroleiter Rainer Stöckicht auf Anfrage mitteilt. Dennoch: Es gibt im Moment in Wittlich nur zwei öffentliche Toiletten: eine am Schloßplatz und eine auf dem Friedhof an der Burgstraße. Bei letzterer handelt es sich allerdings um eine Behindertentoilette. Theoretisch gibt es außerdem noch die Toiletten in der Schloßgalerie. Auf die wird aber nirgends hingewiesen. Eine Anlage in der Feldstraße ist wegen des Lieserdomizil-Baus seit Mitte 2012 weggefallen.
Die Toilettennotlage war Anfang Juli im Stadtrat Thema. Da haben SPD-Mitglieder gefordert, dass es mehr öffentliche Toiletten geben und die vorhandenen besser ausgeschildert werden müssen. Stöckicht jedoch erklärt: "Konkrete Pläne für eine weitere Anlage liegen zurzeit nicht vor."
Das Problem: Der Bau und die Wartung solcher Toiletten sind teuer. Ein Beispiel: Die Toilette in der Schloßstraße. Die Stadt mietet die Toilette und zahlt dafür im Jahr 10 000 Euro.
Das ist aber längst nicht alles: Jährlich zahlt die Stadt zudem 9000 Euro für die Reinigung. Etwa weitere 2000 Euro fallen an in Sachen Reparaturen, Energie, Wasserbezug und Abwasserbeseitigung.Mehrere Tausend Euro fürs Klo


Die Toilette in der Feldstraße, die mittlerweile dem Lieserdomizil-Bau weichen musste, war übrigens sogar Stadt-Eigentum: Sie wurde im Jahr 1990 für 75 000 Euro gebaut. Zusätzliche Kosten kommen dann noch auf die Stadt zu, wenn es Feste gibt - wie bald die Säubrennerkirmes. Dann werden kurzfristig mobile Toiletten aufgestellt. Das kostet die Stadt bei der Kirmes rund 6000 Euro.In einem halben Jahr umsetzbar


Karsten Mathar vom Stadtmarketing Wittlich kennt eine Möglichkeit, wie die Stadt bei der Unterhaltung der Toiletten Kosten sparen könnte. Sie müsste auch keine neuen Anlagen bauen, sondern einfach nur die Toiletten nutzen, die bereits da sind: die in den Gaststätten. Das Konzept heißt Nette Toilette und funktioniert bereits bundesweit in mehr als 130 Städten.
Mathar erklärt: "Die Betriebe in der Innenstadt weisen die Leute mit einem Aufkleber darauf hin, dass die Toiletten kostenlos genutzt werden können. Das Stadtmarketing erstellt eine Übersichtskarte, wo die Toiletten zu finden sind. Wenn genügend Gastronomen mitmachen, hätten wir ein flächendeckendes Toilettennetz in der Innenstadt." Zuschüsse, wie beispielsweise für die Pflege der Toiletten, kämen dann von der Stadt. Wenn alle der 35 ermittelten Betriebe mitmachten, würden sich die Kosten dafür auf 10 000 Euro im Jahr belaufen. Stadtmarketing würde die Umsetzung übernehmen.
Das ausgearbeitete Konzept liegt jetzt schon mehr als zwei Jahre bei Mathar auf dem Schreibtisch. Von 35 angeschriebenen Betrieben haben bei einer ersten Anfrage vor zwei Jahren nämlich nur drei ihr Interesse bekundet.
Das Projekt wäre aber innerhalb eines halben Jahres umzusetzen, meint Mathar. "Und die Gäste wären zufrieden." Er merkt an: "In den meisten öffentlichen Gebäuden, der Stadtverwaltung, der Stadtbücherei oder im Haus der Jugend, stehen auch Toiletten zur Verfügung. Diese könnten wohl ohne einen größeren finanziellen Aufwand ausgewiesen werden."
Und was sagt die Stadt zur Netten Toilette? "Das wäre sicherlich eine Option, die man gemeinsam mit dem Stadtmarketing aufgreifen könnte", erklärt Stöckicht.Meinung

Nette Toiletten, zufriedene Gäste
Die Nette Toilette: Das klingt nach einem Kostensparprogramm, das funktioniert. Ausreichende Anlagen in der Wittlicher Innenstadt werden durch die angespannte Finanzlage der Kommune kaum zu erreichen sein. Wenn Verwaltung und Stadtmarketing an einem Strang ziehen und es schaffen, die Gastronomen miteinzubinden, dann könnten alle dabei gewinnen: Die Stadt spart, Kosten und die Betriebe bekommen Geld für ihre WCs, die es ja schon gibt - und den ein oder anderen Gast vielleicht noch obendrauf. Die Besucher, die dann die Wahl zwischen zahlreichen sauberen Toiletten haben, freut\'s sowieso. e.blaedel@volksfreund.deExtra

 Eine von wenigen: die öffentliche Toilette am Schloßplatz. TV-Foto: Klaus Kimmling

Eine von wenigen: die öffentliche Toilette am Schloßplatz. TV-Foto: Klaus Kimmling

Und wie ist die Lage in der Nachbarstadt? In Bitburg gibt es drei öffentliche Toiletten: im Borenweg, am Bedaplatz und an der Römermauer. In den vergangenen drei Jahren hat die Stadt insgesamt 85 600 Euro an Bewirtschaftungs- und Unterhaltungskosten ausgegeben. Investitionen sind hier nicht dabei. 2010: 28 500 Euro, 2011: 29 200 Euro, 2012: 27 900 Euro. eib

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