Drahtiges Frühstück für 15 Pfennige

NEUMAGEN-DHRON. Am 30. November verabschiedet die Verbandsgemeinde ihren Ordnungs- und Sozialamtsleiter. Edmund Anderle, auch Standesbeamter, ist seit 50 Jahren im Dienst.

Ein halbes Jahrhundert liegt sein erster Arbeitstag zurück. Doch Edmund Anderle, Leiter des Ordnungs- und Sozialamts sowie seit 31 Jahren Standesbeamter in Neumagen-Dhron, erinnert sich daran, als wäre es gestern gewesen. Der 1. September sei ein Mittwoch und deshalb nachmittags arbeitsfrei gewesen, weil das Amt auch samstagmorgens geöffnet war. Was er mit seinem ersten freien Nachmittag an einem "schönen Spätsommertag" anfing, weiß der damals 14-Jährige noch genau. "Ich war froh, als es ein Uhr war, hab mich aufs Fahrrad gesetzt und wollte nix mehr sehen vom Amt", erinnert er sich lachend an die Umstellung von der Schule.Von Anfang an an der Mosel wohlgefühlt

Donnerstags war es dann aber schon besser: "Und es hat mir Spaß gemacht." Vor 50 Jahren ging noch vieles gemächlicher zu. Anderle: "Die Hektik war noch nicht da und nicht die Automation." Wege wurden damals noch oft zu Fuß zurück gelegt, weshalb die Bürgermeister des 1815 gegründeten Amtes Neumagen selten zusammen kamen. Doch wenn sich die Herren aus Neumagen, dem damals noch eigenständigen Dhron sowie Niederemmel (heute Piesport), Horath und Gräfendhron trafen, dann war das was besonderes. Nach der Sitzung im Rathaus konnte sich ein Umtrunk im Hotel zur Post auch mal hinziehen. Und manch einer blieb gleich über Nacht, um noch Besuche abzustatten. Etwas Zeit nahmen auch die "Hebetermine" vor Ort in Anspruch. Der Service ersparte den Steuerzahlern, die informiert worden waren, "dass der Einnehmer kommt", den Gang nach Neumagen. "Stift" Anderle bepackte sein Fahrrad mit Konten und Journal und machte sich schon mal den Hunsrück hinauf. Der Rentmeister, Kassenleiter des Amtes, folgte mit der Kasse per Moped nach. Treffpunkte waren die Dorfgaststätten. Sitzungen fanden auch schon mal in ungeheizten Dorfschulen statt. Daher gab es den Schnaps zum Aufwärmen schon mal inklusive. Eine Vergünstigung, die sich die Leute vom Amt doppelt verdient hatten, da Freizeitausgleich noch unbekannt war. Auch der Amts-Alltag war damals ganz anders, das kleine Frühstück eine Art Zeremonie. So schickte der Amtsdiener den Stift regelmäßig zum Einkaufen: "Ein Brötchen und für einen Groschen Draht", ein Stück Hausmacher Leberwurst, kosteten 15 Pfennig. Der junge Mann, dessen Eltern aus der Umgebung von Brünn in Mähren, heute Tschechien, nach Neumagen gekommen waren, fühlte sich von Anfang an der Mosel sehr wohl. Daher wurde aus ihm auch kein Pfälzer, obwohl er fünf Jahre in Haßloch arbeitete. Denn als ihn dort die Nachricht eines Personalengpasses in Neumagen erreichte, war er nicht mehr zu halten. Denn es hieß ja: "Die Mosel lässt keinen mehr los." In Neumagen bezog er ein Zimmer mit Kleiderschrank, Tisch, Bett - aber ohne Heizung. "Das war damals so." Daher blieb ihm der eisige Winter 1962/63 in Erinnerung, aber auch die gute Kost der Hauswirtin. Eigene vier Wände waren erst nach der Heirat 1967 an der Reihe. Dank seiner "großen Familie - fünf Kinder, vier Enkel - ist Anderle nicht bang vor seinem letzten Tag im Amt, dem 30. November. Dann wird er Muße haben, die Enkel heranwachsen zu sehen: "Die machen mir große Freude." Andere Wünsche hat der FCK-Fan wenige: "Gesundheit für mich und die Familie, Verschonung von Schicksalsschlägen und mit Gottvertrauen und Zuversicht in den neuen Lebensabschnitt sehen." Ansonsten würde er gern wieder mehr angeln, auch wandern, die Natur erkunden oder Deutschland näher kennen lernen.

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