DREI FRAGEN AN...

...Kai Partenheimer (NDC) Rechtsextremismus wird oft als Phänomen abgetan, das vor allem in der ostdeutschen Jugendszene auftritt. Gibt es hier bei uns eine vergleichbare Szene?Partenheimer: Obwohl die Zahl der rechtsextremen Straftaten im Osten höher ist als im Westen, ist Rechtsextremismus bei Jugendlichen kein Phänomen, das nur in Ostdeutschland auftritt.

Auch in Rheinland-Pfalz gibt es eine rechtsextreme Jugendszene, die untereinander sehr gut vernetzt ist. Im Jahr 2006 gab es in Rheinland-Pfalz mit 558 registrierten rechtsextremen Straftaten eine starke Steigerung gegenüber dem Vorjahr, bei denen gegen 388 Personen ermittelt wurde. Von diesen 388 Personen sind 220 jünger als 21 Jahre alt. Warum sind vor allem Jugendliche besonders empfänglich für die Parolen der rechten Szene? Partenheimer: Eigentlich denke ich, dass Jugendliche nicht gefährdeter gegenüber rechten Parolen sind als Erwachsene. Allerdings verfügen viele Jugendliche noch nicht über feste Wertevorstellungen und sind deshalb auch stark empfänglich für rechte Parolen. Wir vom NDC stellen durch unsere Arbeit in den Schulen fest, dass die Aktivitäten der NPD, besonders im ländlichen Raum, signifikant mit rassistischen Vorurteilen, Fremdenfeindlichkeit und überhöhtem Nationalbewusstsein vieler Jugendlicher korreliert. Das bedeutet, dort wo die NPD offen und aggressiv auftritt, werden rechte Parolen von den Jugendlichen häufiger adoptiert. Fehlen im Umfeld der Jugendlichen Menschen, die sich entschieden gegen rechtes Gedankengut stellen und äußern, kann es zu verfestigten rechten Wertevorstellungen kommen. Denken Sie, dass Gruppen wie das "Netzwerk für Demokratie und Courage" gefährdete Jugendliche wirklich erreichen können? Partenheimer: Wir betreiben Vorfeldarbeit. Durch unser Konzept wollen wir die Schüler und Schülerinnen erreichen, die noch keine gefestigte rechtsextreme Einstellung aufweisen, aber eventuell gefährdet sind. Unser Konzept ist ein breiteres, setzt nicht "erst" bei rechtsextremen Einstellungen an, sondern wir treten generell gegen rassistische Vorurteile und Diskriminierung auf. Alle Rechtsextremisten sind Rassisten, aber nicht alle Rassisten sind rechtsextrem oder wählen die NPD. Für Jugendliche, die rechtsextreme Einstellungen aufweisen, ist unser eintägiger Schultag in der Klasse (leider) nicht nachhaltig genug. Gefestigte Einstellungen können nicht an einem einzigen Tag abgebaut werden, dafür sind andere Instrumente notwendig. (bec)

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