Drei Mal 30 Jahre Schweinetheater

Wittlich · Sie komponiert, singt, wäscht und näht, er redet Platt und gibt den Sauhirten Stäächamattes, ein weiterer zieht seine Rüstung an und lugt über die Stadtmauer: Ursula Komes, Adi Kaspari und Axel Lex treten heute zum 30. Mal beim Säubrennerfestspiel auf. Das hat sonst keiner geschafft.

Wittlich. Ihn kennt jeder Wittlicher: Adi Kaspari, 73 Jahre, ehemals beim Finanzamt, ewig singende "Elster vom Rollkopf" bei den Kappensitzungen und nicht zuletzt der "Stäächamattes" beim Festschauspiel, das heute Abend beginnt.
Neuerdings dichtet er deshalb auch: "Hört her, ihr Leut, es ist wirklich wahr: Das Säubrennerfestspiel feiert sein 30. Jahr. Albert Klein hat in stillen Stunden für die Säubrennerkirmes das Festspiel erfunden." Für das Konzept des "kleinen Bürgermeisters", Wittlichs Ersten Beigeordneten, hat eine weitere stadtbekannte Persönlichkeit von Beginn an gern ihre Freizeit geopfert: Ursula Komes, 72 Jahre, ehemalige Lehrerin, 25 Jahre Leiterin des Kinderchors Liesertalspatzen, berüchtigte "Lerche vom Liesertal" bei den Kappensitzungen und eben die singende Dame mit der Gitarre beim Schauspiel. Dabei wird sie umringt von zig Kindern, teils in rosa Schweinchenkostümen.Typische Rheinländerin


Zu dieser Ehre kam sie auf Umwegen: "1982 habe ich Matthias Josef Mehs Säubrennergeschichte vertont und 1983 beim Jubiläumsfest der Grundschule Friedrichstraße aufgeführt. Im selben Jahr habe ich bei der Mosellandausstellung in Trier einen Wettbewerb damit gewonnen", blickt sie zurück. Begleitet von Kindern in Schweinchenkostümen - die Nasen aus Eierkartons bastelt sie bis heute selbst - stand sie dann 1983 auch auf der Kirmesbühne zur Kinderbelustigung und ging mit ihren Schweinchen erstmals im großen Umzug mit.
Fortan gehörte ihr Auftritt seit den Festspielanfängen am Marktplatz, dem Umzug vor die St. Markuskirche und dem Spielplatz seit 1997, dem Stadtpark, zum Kernprogramm.
Damit nicht genug: Sie wäscht, flickt und lagert die Schweinchenkostüme. "Ich achte drauf, dass die Schwänzchen noch alle fest sind und die Öhrchen auch." Und ihr schillerndes Kostüm mit dem auffälligen Federhut? "Das ist aus reiner Seide, weil das so schön fällt. An Kirmes ist es ja oft so schwül! Vorher hatte ich ein Samtkostüm, das war nicht auszuhalten!", sagt die Dame, der ihr Auftritt immer "unheimlichen Spaß macht, besonders weil die Kinder so mitmachen. Mein Mann kriegt mich in der Zeit nicht in Urlaub!" Und die gebürtige Düsseldorferin sagt: "Ich mag das Volkstümliche. Ich bin eine typische Rheinländerin mit Humor und Temperament!"
Das braucht man auch bei diesem Wittlicher Theater. Adi Kaspari erinnert an den legendären Versprecher 1998: Als Ritter von Ehrenberg hoch zu Ross forderte: "Wittlicher übergebet euch". Er dichtet: "Die Zuschauer fanden es wunderbar, und das anwesende Fernsehteam auch, das war ja klar." Im Tross der Ritter immer dabei ist auch Axel "Akki" Lex, Techniker in einem Ingenieurbüro, mit 56 Jahren der Jüngste im treuen Trio. "Ja das Festspiel ist jetzt Kult. Angefangen habe ich, weil viele aus meiner Clique und dem Karnevalsverein mitgemacht haben." Er ist geblieben und hat mittlerweile ein aufwendiges Ritterkostüm, in das er überwiegend privat investiert hat. Als "Gewandeter" schaut er jedes Jahr über die Stadtmauer und späht die Lage aus, meist einen frechen Spruch über aktuelle Themen auf den Lippen.
An den Besuch des Fernsehteams erinnert er sich: "Die wollten, dass wir alles wegen der Helligkeit zum Drehen auf den Mittag vorverlegen. Das haben wir aber nicht gemacht." Und so ruft Adi Kaspari heute Abend wieder in den Nachthimmel: "Iha Leitcha loohsd de Schweincha raus, de Stäächamettes kimmt" Und was ist vorher? Lampenfieber? Er winkt ab: "Wir sagen uns: Mach et goot. Dann ist der Fall erledigt."

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