Drei Verse mit großer Wirkung

Wittlich · Darstellungen des Kindermords von Bethlehem ist in der Städtischen Galerie in Wittlich zu sehen. Um diese biblische Szene drehte sich jetzt ein Vortrag.

 Leidenschaftlich referiert Reinhold Bohlen über den theologischen Hintergrund des Kindermords von Bethlehem im Matthäusevangelium. TV- Foto: Christina Bents

Leidenschaftlich referiert Reinhold Bohlen über den theologischen Hintergrund des Kindermords von Bethlehem im Matthäusevangelium. TV- Foto: Christina Bents

Foto: Christina Bents (chb) ("TV-Upload Bents"

Wittlich Der brutale Kindermord von Bethlehem, der in drei Szenen des Matthäusevangeliums beschrieben ist, hat viele Künstler inspiriert. Drei graphische Darstellungen sind aktuell in der Städtischen Galerie im Alten Rathaus in Wittlich in der Ausstellung "Leidenschaft für das Leiden - Christi Passion in der Kunst der Graphik von Dürer bis Jackson" zu sehen.
Aus theologischer Sicht hat sich der aus Wittlich stammende Theologieprofessor Reinhold Bohlen in einem Vortrag dem Thema genähert. Dabei erklärt er, dass die heiligen Schriften Israels der Horizont seien, vor dem Matthäus das Geschehen in Jesu Leben interpretiert habe. "Gott hatte von Anfang an seinen Plan für das Heil der Menschen. Das Leben Jesu ist ein Teil dieses Heilsplans, weshalb sich viele Parallelen zwischen dem Schicksal Jesu und dem Schicksal Israels finden." Die zentralen Punkte der theologischen Perspektive von Matthäus seien die Zitate, in denen geschildert werde, wie sich die Schrift erfülle. Bohlen sagt: Der Autor stelle darin die Grundthemen seines Evangeliums vor.
Auch sprachlich sind die drei Szenen sehr vielschichtig, wenn es beispielsweise heißt: "Doch Jesus entweicht vor Archelaos nach Galiläa...." Das Wort ,entweichen' deutet daraufhin, dass "die größte Gefahr für den Messias von der Elite seines Volkes ausgeht, und er später vor weiteren Gegnern entweichen muss", sagt der Referent weiter.
Im zweiten Teil seines Vortrags geht er auf die Darstellungen der Szene ein. In der frühchristlichen Kunst findet sie sich zum ersten Mal in der Mitte des vierten Jahrhunderts auf einem Sarkophag. Dabei seien ein Soldat zu sehen, der ein Kind über seine Schulter schwingt, eine Mutter, die flehend die Hände hebt, ein zerschmettertes Kind am Boden sowie Herodes mit erhobener Rechten.
In der abendländischen Kunst kommen Soldaten mit Speeren und Lanzen hinzu und die Anzahl der Mütter werde vergrößert. "Die Szene gleicht immer mehr einem Gemetzel", stellt der Theologieprofessor fest. Bei Giovanni Pisano an der Kanzel der Kathedrale von Pisa ist die Menschenmenge noch einmal größer geworden.
In der Wittlicher Ausstellung ist der Kindermord von Bethlehem in einem Kupferstich von Marcantonio Raimondi nach Raphaels Zeichnung zu sehen.
Er strahlt eine große Dynamik vor der statischen Kulisse einer italienischen Stadt des 16. Jahrhunderts aus. "Nackte Gewalt ist dort zu sehen", sagt Referent Reinhold Bohlen. Eine Mutter rennt direkt auf die Betrachter des Bildes zu. Die Soldaten morden mit Schwertern, Degen und Dolch, nur mit einem Soldatenhelm bekleidet. König Herodes kommt dort nicht mehr vor. Die Bindung an die Aussagen des Matthäusevangeliums scheint fast verloren gegangen zu sein.
Die Ausstellung ist bis zum 30. Juli in der Städtischen Galerie zu sehen.TRIERER DOMKAPITULAR REINHOLD BOHLEN


Extra

Prof. Reinhold Bohlen stammt aus Wittlich und war Rektor der theologischen Fakultät der Universität Trier. Er ist Residierender Domkapitular und Gründungsdirektor des Emil-Frank-Instituts in Wittlich. Das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse bekam er 2010 für seine Arbeit als bischöflicher Beauftragter für den jüdisch-christlichen Dialog im Bistum Trier und seinen Einsatz für das Emil-Frank-Institut.

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