Drogenkonsum: Jugendliche werden immer experimentierfreudiger

Wittlich · Zwar stagniert die Zahl der Menschen im Kreis Bernkastel-Wittlich, die von illegalen Drogen abhängig sind. Allerdings blicken die Jugendschützer mit Sorge auf den sich entwickelnden Markt der sogenannten "legalen Drogen" wie berauschende Kräutermischungen.

Wittlich. Der Wittlicher ZOB ist nicht der Bahnhof Zoo in Berlin. Dennoch gibt es sie, die Drogenszene in Wittlich. Die spielt sich aber im Privaten und Verborgenen ab. Doch weder die Region Mittelmosel noch die Eifel seien "drogenverseucht", erklärt Reinhard Rothgerber, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Trier. "Drogenkriminalität spielt sich bekanntermaßen in allen Regionen und allen Gesellschaftsschichten ab", sagt Rothgerber. Der Missbrauch von Rauschmitteln sei nun mal eine gesellschaftliche Begleiterscheinung.Sorgen machen die legalen Drogen 2010 verzeichnete die Kriminalpolizei Wittlich 509 Drogendelikte für den Kreis Bernkastel-Wittlich - und einen Drogentoten. Ein Jahr zuvor starben im Kreis sogar fünf Menschen an ihrem Drogenkonsum bei 644 registrierten Drogendelikten, 2008 waren es zwei. Zum Vergleich: Den letzten Drogentoten im Vulkaneifelkreis gab es 2008 zu beklagen. Dort verbucht die Kriminalpolizei nur halb so viel Drogendelikte wie im Kreis Bernkastel-Wittlich - 2010 waren es 217 und 2009 nur 205, Tendenz rückläufig. Anders im Eifelkreis Bitburg-Prüm, wo 2010 die Zahl der Drogendelikte im Vergleich zum Vorjahr rapide angestiegen ist - 2010 waren es 692 Delikte, 2009 nur 429. In den zwei Jahren zuvor lagen die Zahlen bei knapp 340. 2009 starb ein Mensch im Eifelkreis an Drogen, 2007 waren es zwei. Allerdings seien solche Statistiken stets mit Vorsicht zu genießen, betont Rothgerber. Die Zahlen spiegelten nicht die tatsächlich vorhandene Drogenkriminalität wider, sondern seien dem Ermittlungsdruck geschuldet. Holkriminalität heißt das im Polizeijargon. Kurz: Wo die Polizei verstärkt sucht, wird sie auch öfter fündig.Bei der Suchtberatung des Caritasverbands Mosel-Eifel-Hunsrück in Wittlich waren im vergangenen Jahr 549 Betroffene zur Beratung. 415 von ihnen kamen mehr als nur das eine Mal. Betroffene meint dabei nicht nur Suchtkranke, sondern auch Angehörige oder Partner. 130 von ihnen suchten die Beratungsstelle wegen ihrer Sucht nach illegalen Drogen auf. Davon waren 103 männliche Drogenkonsumenten. "Drogenkriminalität ist männlich", sagt Reinhard Rothgerber. Zwar geht die überwiegende Zahl der Delikte auf das Konto männlicher Konsumenten, aber: "Frauen holen da in den letzten Jahren auf", sagt Helga Ritz, Leiterin der Suchtberatung. Die "Pep-Kur" mit Amphetaminen, um das Hungergefühl zu hemmen und somit schnell Kilos zu verlieren, sei bei jungen Frauen stark in Mode gekommen. Sucht und Essstörungen seien so schnell programmiert. Doch nicht die harten Drogen wie Heroin oder Amphetamine bereiten den Jugendschützern Sorgen. Die Zahl der Konsumenten von illegalen Drogen und Cannabis stagniere einerseits, auf der anderen Seite verbuchen die Mitarbeiter der Suchtberatung eine steigende Tendenz beim Konsum der sogenannten "legalen Drogen" - in der Szene auch "Legal High" bekannt (siehe Extra).Legal Highs sind frei erhältlich

 Helga Ritz, Leiterin der Suchtberatung des Caritasverbands Mosel-Eifel-Hunsrück. TV-Foto: David Zapp

Helga Ritz, Leiterin der Suchtberatung des Caritasverbands Mosel-Eifel-Hunsrück. TV-Foto: David Zapp

Vornehmlich Jugendliche und junge Heranwachsende sehen in den Legal-High-Produkten eine vermeintliche Alternative zu herkömmlichen Betäubungsmitteln. Diese Rauschmittel werden in Head- und Onlineshops als Räuchermischungen, Badesalze, Party Pills oder Legal Ecstasy beworben und verkauft. Oftmals sei den Jugendlichen nicht klar, was sie da rauchten oder schluckten, und welche Gefahren für Psyche und Körper damit verbunden sind. Oftmals setzten Jugendliche "legal" mit "gesundheitlich unbedenklich" gleich. Ein gefährlicher Irrglaube, warnt Helga Ritz. "Wir stellen fest, dass die Konsumenten heutzutage viel experimentierfreudiger geworden sind als früher", sagt Ritz. "Es sind vor allem Jugendliche, die beim Ausprobieren ein sehr hohes Risiko eingehen", erklärt die Diplom-Sozialarbeiterin. Legal Highs sind Kräutermischungen (Spice) oder synthetische Designer-Produkte, die vom Gesetzgeber (noch) nicht verboten wurden. Werden diese wie Spice verboten, ändern die Hersteller kurzerhand die chemische Zusammensetzung und Namen des Produkts. Damit bleiben Nachfolgeprodukte legal. Die Produkte enthalten Betäubungsmittel oder wie Drogen wirkende chemische Stoffe, die auf den Verpackungen nicht aufgelistet sind. Legal Highs werden geraucht, geschluckt oder geschnupft. Konsumenten von Legal-High-Produkten riskieren Kreislaufversagen, Psychosen, Muskelzerfall bis hin zu Nierenversagen. zad

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