Eichenprozessionsspinner Die Gefahr vom Baum

Wittlich/Bernkastel-Kues · Nach Verletzungen durch die Raupen des Eichenprozessionsspinners: Müssen Eichen auf Schulhöfen, bei Kindergärten und in anderen sensiblen Bereichen gefällt werden? Der TV fragt nach, wie die Kommunen im Landkreis mit dem Problem umgehen wollen?

 Die für den Menschen giftigen Brennhaare machen die Raupen des Eichenprozessionsspinners höchst gefährlich – insbesondere wenn sie allergische Reaktionen hervorrufen.

Die für den Menschen giftigen Brennhaare machen die Raupen des Eichenprozessionsspinners höchst gefährlich – insbesondere wenn sie allergische Reaktionen hervorrufen.

Foto: picture alliance/dpa/Patrick Pleul

Absperren, Raupen absaugen, Nester abflämmen, Abholzen oder Abwarten und Tee trinken? Wie werden die Verwaltungen künftig mit dem Eichenprozessionsspinner umgehen, der nun im zweiten Jahr in Folge massenhaft Eichen in Wäldern und auf öffentlichen Grünflächen der Region befallen hat? Nach den teils schweren Verletzungen und Schmerzen, die Kinder aus der Kita Salmtal durch den Kontakt mit den Raupen des Schmetterlings erlitten haben (der TV berichtete), stellt sich diese Frage allemal. Denn die Brennhaare des Tieres können nicht nur über Wochen anhaltenden Juckreiz, sondern auch Fieber, Asthma, Kreislaufstörungen und viele weitere Symptome auslösen, was für manche Menschen unter Umständen lebensbedrohlich werden kann. Schon die Methoden der professionellen Raupenentferner, die mit Vollkörperschutzanzügen und Atemschutzgeräten anrücken und sogar Nestreste am Baum abflämmen, da dort sonst noch über Jahre hinweg toxische Brennhaare anhaften, zeigt, wie gefährlich dieser Schmetterling im Larvenstadium ist. Deshalb muss in den kommunalpolitischen Gremien diskutiert werden, wie man strategisch und operativ mit den Gefahrenquellen, den Eichenbeständen auf öffentlichen Grünanlagen, umgehen soll. Will man alle Eichen auf Schul- oder Kitageländen, in den Parkanlagen und auf Friedhöfen radikal fällen und durch andere Laubbaumarten ersetzen? Der Einsatz von Entlaubungsmitteln wird den heimischen Eichenwäldern wohl erspart bleiben, aber in den öffentlichen Grünanlagen der Kommunen wird kaum alles so bleiben wie es ist, wenn sich der Eichenprozessionsspinner dauerhaft dort einnistet.

Welchen Handlungsbedarf sieht man demnach bei den Kommunen im Landkreis Bernkastel-Wittlich? Der TV hat nachgefragt.

Wittlich-Land Dazu, alle Eichen auf öffentlichen Grünanlagen zu fällen, rate die Verwaltung der Verbandsgemeinde Wittlich-Land nicht, sagt Bürgermeister Dennis Junk. „Gerade einzeln stehende Eichen stellen zum Einen für das Ortsbild und zum Anderen natürlich auch ökologisch wertvolle Bausteine dar.“

In Absprache mit Revierförster Alois Meyer habe man sich darauf verständigt, dass im Einzelfall abgewogen werde, ob eine Fällung aufgrund der Gefährdungslage notwendig sei. Wichtig sei eine Beurteilung der Situation im Einzelfall durch Fachleute. Junk: „Dabei wird man sicher zum Ergebnis kommen, dass Eichen beispielsweise auf dem Gelände von Kindergärten wohl nicht mehr haltbar sind und durch andere Bäume ausgetauscht werden sollten.“

Bernkastel-Kues „Jeder gesunde Baum auf öffentlichen Grünflächen innerhalb von Gemeinden und Städten sollte möglichst erhalten werden, da er nicht unwesentlich zur Verbesserung des Klimas sowie der Aufenthaltsqualität beiträgt“, erklärt Marvin Neurohr von der VG Bernkastel-Kues. Einen Befall mit Eichenprozessionsspinnern beurteile man nicht als Krankheit des Baumes, da dieser immer als temporär einzustufen sei. Es werde davon abgesehen, alle Eichen auf öffentlichen Grünflächen radikal zurückzuschneiden. Sollten zukünftig Bäume auf öffentlichen Grünflächen anzupflanzen sein, werde man jedoch überlegen, ob auf Eichen zurückgegriffen werden solle. Es sei allerdings auch nicht auszuschließen, dass zukünftig ähnliche Schädlinge für andere Baumarten in unseren Breiten anzutreffen seien. „Solange die Gefahr des Tieres jedoch noch durch das jährliche Entfernen der Raupen als auch vor allem durch das Absperren der betroffenen Eichen einzudämmen ist, werden diese Methoden als bevorzugte Möglichkeit zum Eingreifen seitens der Verbandsgemeinde gesehen.“

Wittlich „Im Stadtwald selbst ist kein starker Befall mit dem Eichenprozessionsspinner zu verzeichnen. Befallen sind meist solitäre Bäume mit entsprechender Sonnenexposition“, erklärt Rainer Stöckicht, Pressesprecher der Stadt Wittlich. Im Stadtgebiet seien 53 Bäume mit den Raupen befallen gewesen mit Schwerpunkt im Stadtpark, Schwimmbad und Sterenbachstausee. Die betroffenen Bäume seien mit Warnschildern gekennzeichnet worden. Inzwischen hätten Mitarbeiter des Servicebetriebes und des Forstreviers die Raupennester gemeinsam mit einer Wittlicher Fachfirma beseitigt. In dieser Woche werde noch eine Nachkontrolle an den behandelten Bäumen durchgeführt. Stöckicht: „Ein umfangreiches Fällen alter Eichenbestände ist aus Sicht unserer Fachleute nicht sinnvoll, da ein jährlicher Extrembefall nach heutigem Kenntnisstand nicht zu erwarten sei.“ Großflächig angelegte Fällaktionen wären folglich unverhältnismäßig. „Durch die Bekämpfung mit gut ausgerüsteten und ausgestatteten Fachkräften werden die Gefahren, die durch das Tier verursacht werden, effektiv und schonend minimiert.“

Morbach „Da der Verbreitungsschwerpunkt des EPS eher in Höhenlagen unter 300 Metern liegt, spielt er in der Gemeinde Morbach auch aktuell keine Rolle“, sagt Bürgermeister Andreas Hackethal.

Aber auch in den betroffenen Gebieten sei das Fällen aller Eichen in öffentlichen Grünanlagen kein seriöser Lösungsansatz. „Man müsse jedoch sehr aufmerksam beobachten wie sich der weitere klimawandelbedingte Temperaturanstieg und die damit einhergehende zunehmende Sommertrockenheit auf die Art insgesamt auswirkt.“  Im Falle eines Befalls in der Einheitsgemeinde Morbach werde man in betroffenen Gebieten mit Absperrungen und verschiedenen Bekämpfungsmaßnahmen wie dem gezielten Einsatz von Insektiziden reagieren.

Traben-Trarbach Von einer radikalen Lösung solle man absehen, sagt Marcus Heintel, Bürgermeister der VG Traben-Trarbach. Man solle je nach Einzelfall unterschiedlich agieren, da nicht alle Bäume befallen seien. Die Fällung solle dabei immer das letzte Mittel der Wahl sein. Heintel: „Wahrscheinlich wurde die Population speziell durch die warme Witterung des letzten Jahres verstärkt. Es wird aber auch Jahre geben, in denen es ruhiger um den Eichenprozessionsspinner wird. Dementsprechend kann man nicht sagen, dass der Befall von Jahr zu Jahr in einer aktuell derartigen Intensität stattfinden wird.“

Thalfang „Bisher sind wir von der Problematik des Eichenprozessionsspinners glücklicherweise weitgehend verschont geblieben, sodass wir die grundsätzliche Diskussion zu diesem Thema noch nicht führen mussten“, erklärt die Verwaltung der VG Thalfang. Im Falle eines Befalls werde man jedoch „selbstverständlich alle notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung einleiten“.

Kreisverwaltung Aktuell gebe es keine Überlegungen, Eichen auf den Grundstücken des Landkreises wegen des Befalls mit Raupen des Eichenprozessionsspinners zu fällen, sagt Manuel Follmann, Pressesprecher der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich. Zu diesem Ergebnis habe auch eine Abwägung zwischen den Gefahren, die für den Menschen von der Raupe ausgehen würden und der ökologischen Bedeutung der Bäume, geführt. Die Gefahren könnten mittels einer mechanischen Bekämpfung wie dem Absaugen der Raupen auf befallenen Bäumen und sonstiger geeigneter Maßnahmen wie dem Absperren befallener Bäume abgewehrt werden.

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