Ein besonderer Frühschoppen

Erst in die Kirche, dann zum Frühschoppen ins Wirtshaus und dann nach Hause zum Frühschoppen im Fernsehen. So sah, zumindest für viele Männer, in den 50er bis 80er Jahren des 20. Jahrhunderts ein Teil des Sonntags aus.

"Der Internationale Frühschoppen" wurde von 1953 bis 1987 von Werner Höfer moderiert und dürfte die erste politische Talkshow gewesen sein.

Mir sind aus den 70er und 80er Jahren noch manche Standardformulierungen präsent, mit denen Egon Hoegen die Sendung um 12 Uhr anmoderierte. "Mit sechs Journalisten aus fünf Ländern", hieß es da und "Angeschlossen sind" (es folgte eine Aufzählung der Rundfunkstationen).

Ich weiß auch noch, dass sich die Journalisten eine Dreiviertelstunde später mit Treveris-Gläsern zuprosteten. Ja, es wurde während der Sendung Wein getrunken, einige Gäste beschränkten sich allerdings auf Apfelsaft.

Es durfte auch geraucht werden. 1874 Mal gab es dieses Ritual. Und mir sind auch noch manche der häufig am Tisch sitzenden Journalisten ein Begriff: Roshan Dhunjibhoy, Don F. Jordan, Nikolai Sergejewitsch Portugalov, Alfred Grosser, Jens Feddersen und andere. Die Nachfolge-Sendung heißt schlicht Presseclub. Meist diskutiert der Moderator mit vier Gästen über innenpolitische Themen.

Es geht dabei im wahrsten Sinne des Wortes nüchterner zu als beim "Internationalen Frühschoppen". Wein wird nicht getrunken. Ab und zu schau ich in die Sendung rein. Und wie so oft wünscht man sich vergangene Zeiten zurück. Beim Frühschoppen wurde mit Leidenschaft diskutiert, beim Presseclub geht es eher sachlich zu.

Ein Glas Wein würde der Atmosphäre sicher gut tun.

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