Ein Betonbau und die Bildungspolitik

Wittlich · Sie geht auf die 50 zu und hat schon ein paar Identitätswechsel hinter sich: Hauptschule Sehlemet, Duale Oberschule (kurz Dos), Clara-Viebig-Realschule plus. Dass sie sich gut gehalten hat, dafür sorgt zum Großteil die Stadt Wittlich, die sich nun von der Schule trennen soll. Dem Stadtrat fällt der Abschied schwer. Er hält die Institution für eine gute Partie, die er ohne Mitgift dem Kreis überlassen wird.

Wittlich. Ein Gebäude, das relativ gut in Schuss ist und auf 2,6 Millionen Euro geschätzt wird (2008: 4,4 Millionen Euro), gibt man nicht gerne aus der Hand. Auch wenn auf der Minusseite 3,78 Millionen Verbindlichkeiten stehen. So ist das bei der Clara-Viebig-Realschule plus. Die gehört einem Schulzweckverband aus Stadt Wittlich (45 Prozent) und den Verbandsgemeinden Wittlich-Land (33 Prozent), Kröv-Bausendorf (20 Prozent) und Manderscheid (zwei Prozent). Da die Schullandschaft im Umbruch ist, sollen alle Realschulen plus an den Landkreis Bernkastel-Wittlich übertragen werden (der TV berichtete). Ein Schritt, den im Falle der Wittlicher Einrichtung auch der Stadtrat gehen soll. Und er geht ihn, wenn auch widerwillig. "Die Übernahme durch den Kreis ist mehr als diskussionswürdig", "Uns bleibt überhaupt nichts anderes übrig, als zuzustimmen", "Das Ganze ist nicht befriedigend", "Das ist ja quasi wie eine Zwangsenteignung": Diese Kommentare gab es vor dem schlussendlichen Ja zur Übernahme durch den Landkreis. Ein einstimmiger Beschluss bei Enthaltung der FDP.
Stadtrat will Passage streichen


Bürgermeister Joachim Rodenkirch nennt ein Argument: "Wenn wir die Schule behalten, sind wir komplett in der Zahlpflicht." Die Folge: eine Haushaltsbelastung von "mindestens 300 000 Euro jährlich". Außerdem hätten die Zwecksverbandspartner aus Wittlich-Land und Kröv-Bausendorf bereits mit Beschlüssen den Weg zum Kreis eingeschlagen: "Wir haben wenig Spielräume." Fraktionsübergreifend gilt: Dem Kreis wird eine "Top-Schule" übergeben. Denn der ehemalige "graue Betonklotz", der 1969 fertiggestellt worden ist, wurde umfangreich saniert und auch äußerlich durch seinen dreifarbigen Anstrich zum Hingucker.
Der ehemals zweite Standort in Wengerohr, den als Zwischenlösung das Peter-Wust-Gymnasium nutzt, ist von der Übernahme nicht betroffen.
Für den Standort Beethovenstraße soll laut Vertragsentwurf gelten: Mit dem Wechsel geht das gesamte Eigentum (bewegliches und unbeweglichen Vermögen) entschädigungslos an den Kreis. Sämtliche Verbindlichkeiten - also zu zahlende Kredite und Ähnliches - sind nicht im Übergabepaket. Die bleiben beim Schulzweckverband. Und dessen größtes Mitglied, die Stadt, will nicht zu allen Bedingungen "Ja und Amen sagen". Streichen will der Stadtrat eine Vertragspassage. Darin geht es um die Frage: Was passiert, wenn die Schule keine Schule mehr sein wird?
Ursprünglich sollte dann alles entschädigungslos an den jetzigen Schulzweckverband zurückübertragen werden, wenn der die Immobilie noch will. Dazu war eine Ausnahme gelistet: Die Grundstücke oder Grundstücksteile, auf denen der Kreis zwischenzeitlich etwas Neues errichtet hätte, wären von dieser Möglichkeit ausgeschlossen. Diese Einschränkung will der Stadtrat nicht.
Bürgermeister Joachim Rodenkirch mildert den Abschiedsschmerz der Räte: "Die Schule steht ja nach wie vor Kindern aus Wittlich zur Verfügung. Es ist ja nicht so, dass die dann etwa für Kinder aus Morbach ist." Zudem habe die Stadt mit der Übertragung zukünftig auch keine Personal- und Sachkosten mehr zu zahlen.

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