Ein Blick ins Schneckenhaus

WITTLICH. Die perfekte Wendeltreppe umgeben von schimmernder Perlmutt-Tapete: Feine Räumlichkeiten – versteckt in Schneckenhäusern. Helene Krieg bringt sie ans Licht und stellt sie in der Wittlicher Bücherei aus.

Tritt man drauf, ist alles hin, schaut man zur "Tür" hinein, sieht man nichts. Dabei hat das Innere eines Schneckenhauses - und zwar nicht kulinarisch gesehen - viel zu bieten: elegante grafische Strukturen, überraschende Farbigkeit oder auch das perfekte Weiß in allen Facetten von Elfenbein bis Sommerleinen. Diese harmonische Gestaltung der großen Künstlerin namens Natur hat eine Wittlicherin "gepackt": Helene Krieg sammelt Schneckenhäuser aus aller Welt, darunter viele, die der Laie Muschel nennt, und - schneidet sie auf: längs und quer mit der Mini-Bohrmaschine und Schleifpapier. "Schnecken sind eine Wissenschaft für sich. Da halte ich mich raus. Dazu gibt es Bestimmungsbücher wie für Pilze. Mich interessiert nur, wie vollkommen ihr Inneres ist. Das ist doch irre, welche Farben, welche Architektur darin verborgen sind. Das ist schön und das sieht normal kein Mensch. Es macht mir Spaß, da rein zu gucken", sagt Helene Krieg. "Ansichten und Einsichten" heißt folgerichtig die hübsche Ausstellung in der Stadtbücherei, in der ihre Schnecken-Schätze gezeigt werden. Erdbeer-, Weinbergs-, Hain-, Helmschnecke, letztere hätte man genauso wie die "Kauri-Muschel" eher als exotische Muschel gesehen, aber alles sind: Schnecken. Was ist der Unterschied? Helene Krieg verweist auf ein Gedicht von Eugen Roth (siehe unten). Von den exotischen Exemplaren öffnet die Wittlicherin nur die, von denen sie zwei besitzt. Das "Innenleben" ist oft von bizarrer Schönheit. Lachsrosa leuchtet neben feinen Holzbrauntönen, Streifen und Pünktchen umspielen spiralförmig aufeinander gestaffelte Höhlen. "Manchmal ist auch was Fieses drin, wenn man sie aufmacht", sagt die Sammlerin. "Obwohl ich die Häuser immer erst einweiche und dann mit kleinen Flaschenbürstchen oder Pfeifenreinigern sauber mache." Über ihre Erinnerungen an die Tiere, die jeder kennt, sagt sie: "Ich hatte als Kind zum Entsetzen meiner Mutter ein Einmachglas mit Schnecken." Die fütterte sie mit Salat. Doch was sagt sie heute zu den Tierchen als hungrige Gartenbewohner?: "Die mit Gehäuse sind nicht schädlich. Nur die Nacktschnecken sind fürs Gemüse gefährlich. Aber um die kümmert sich mein Mann." Und was ist mit Schnecken kulinarischer Art? Helene Krieg lacht: "Nein, ich bin Vegetarierin." Ihre Sammlung ergänzt die Ausstellung um eine Vitrine mit Stücken von Reinhold Schneck, darunter das Schneckenkönigspaar mit einer Laune der Natur, der links herum gedrehten Weinbergsschnecke. Die Ausstellung ist zu sehen bis 25. Mai in der Stadtbücherei Wittlich, dienstags 11 bis 19 Uhr, mittwochs und donnerstags 11 bis 17 Uhr, freitags von 9 bis 17 Uhr und samstags von 9 bis 12 Uhr.

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