Ein erschreckender Anblick: Zeitzeugin schildert die Zerstörung

Wittlich · Schäden an Wittlicher Villa aus der Opferperspektive

Jenny Mayer (geb. Herz), Schwägerin von Willy Ermann (Ermanns hatten einen Lebensmittelgroßhandel und eine Chemische Fabrik), beschrieb in einem Antrag auf Wiedergutmachung sehr genau die wertvolle Ausstattung der Villa an der Lieserbrücke.

Sie berichtet, dass SA-Standartenführer Ancel Willy Ermann zunächst 6000 Reichsmark abgepresst hatte: "Am Tage des Pogroms im November 1938 befand ich mich besuchsweise in Grevenmacher/Luxemburg und kehrte zwei Tage nach den Ausschreitungen nach Wittlich zurück. Dort traf ich meine Nichte Lotte mit einer Hausangestellten namens Bermann an, die beide in der Zeit der Demolierung in der Garage eingesperrt waren. Mein Schwager, der anläßlich der Aktion festgenommen wurde, befand sich noch in Haft. Das Haus bot bei meinem Eintritt einen erschreckenden Anblick.
Sämtliche Porzellan-, Kristall- und Glasgegenstände waren restlos zerstört. Das Mobiliar war fast restlos bis zur vollständigen Unbenutzbarkeit demoliert; Betten, Matratzen, Couch usw. waren aufgeschnitten,
Lebensmittelvorräte unbrauchbar gemacht, Silber und Leinen zum Teil geplündert und gestohlen, zum restlichen Teil vollständig zerstört. (…) Auch die Teppiche und Brücken waren nicht mehr vorhanden. Mein Schwager Wilhelm konnte nachher die Wohnung nicht mehr benutzen und hielt sich bei Familie Salomon Ermann, Wittlich, Oberstraße auf.
Meine Nichte und ich hielten uns bei Familie Bermann auf. Einzelne Möbelstücke, die zerbrochen waren, wurden notdürftig wieder zusammengestellt und von mir bei meinem Wegzug nach Luxemburg mitgenommen. Andere Teile, die noch verwertbar waren, hat mein Schwager verschenkt, darunter ein Kronleuchter. Die Höhe des Schadens hat nach meiner Ansicht unter Berücksichtigung des Wertes der Sachen im Zeitpunkt der Zerstörung mindestens 35 000 Reichsmark betragen."

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