Ein geschmücktes Bäumchen in jeder Baracke

Kinderbeuern-Hetzhof · Viele Jahre in russischer Gefangenschaft, zahlreiche Fluchtversuche, viele Entbehrungen: Matthias Krütten aus Preist in der Eifel hat die Geschichte seiner Zeit in verschiedenen Lagern einem spannenden und bewegenden Buch aufgeschrieben. Seine Tochter Gisela Schwind aus Hetzhof berührt besonders die Schilderung des Weihnachtsfestes 1948.

Kinderbeuern-Hetzhof. Für Gisela Schwind aus Kinderbeuern-Hetzhof ist das Buch mit dem Titel "Weit war der Weg zurück" ihres 1996 verstorbenen Vaters etwas ganz Besonderes. Darin schildert er die Geschichte seiner sechsjährigen Kriegsgefangenschaft.
Besonders wichtig ist ihr die Passage, in der Krütten vom Weihnachtsfest 1948 in russischer Gefangenschaft berichtet. Noch ist für ihn zu diesem Zeitpunkt kein Ende der harten Zeit absehbar. "Die Stimmung war durch die Enttäuschung der letzten Zeit sehr gedrückt", schreibt er. Dennoch schildert er auch so etwas wie Weihnachtsstimmung. "Am Heiligen Abend war in unserer Baracke wie in jeder anderen auch ein geschmücktes Bäumchen herbeigezaubert worden." Auch hatten die deutschen Offiziere im Lager zuletzt auf Zucker und Butter verzichtet, um damit Gebäck für Weihnachten herstellen zu können. Ein sehr junger Gefangener trägt ein Gedicht (siehe Extra) vor. Die Hoffnung, das nächste Weihnachtsfest in der Heimat feiern zu können, erfüllt sich für Krütten nicht. Auch 1949 ist er noch in Gefangenschaft. Dieses Mal nicht in einem Lager sondern im Gefängnis. "So wurde das sechste Weihnachtsfest in Gefangenschaft auch gleich das traurigste und einsamste zugleich."
Dennoch wirken die Schilderungen von Krütten nicht nur negativ. Es ist eine sachliche Erzählung von Strapazen und Entbehrungen, in der er auch Positives erwähnt. Vergünstigungen, die ihm teilweise durch seinen Beruf als Elektriker gewährt werden, eine gute Mahlzeit, ein paar frische Trauben und gute Kameraden gehören zu den Dingen, die die harte Zeit für ihn erträglich machen.
Im April 1950 kehrt Krütten nach Hause nach Preist (Eifelkreis Bitburg-Prüm) zurück. Gisela Schwind, die heute in Kinderbeuern-Hetzhof lebt, war fünf Jahre alt, als ihr Vater in den Krieg zog. Ihre Schwester Inge wurde im Jahr 44 geboren. Ihr Vater hatte kurz nach der Geburt Heimaturlaub und konnte so seine jüngere Tochter für wenige Tage erleben. Danach war er bis April 1950 von der Familie getrennt. Auf mehrfaches Bitten seiner zwei Brüder hat Krütten 1980 angefangen, seine Geschichte aufgeschrieben. 1987 stellte er das Buch fertig. noj
Extra

Wie ferne liegt die Kinderzeit, da ich an meiner Mutterhand voll gläubiger Glückseligkeit voll Sehnsucht unterm Christbaum stand. Das Christkind selber war zu Gast, beim hellen Schein der Kerzen. Da ward die Brust zu enge faßt, dem kleinen Bubenherzen. Noch höre ich das "Stille Nacht", wenn die Geschwister sangen und seh des Weihnachtsbaumes Pracht mit Kugeln bunt behangen. Vom Kirchturm kam der Glocken Klang, ihr Ton war lautere Freude. Wie feierlichen Festgesang vernahm ich ihr Geläute. Sie ist vorbei die schöne Zeit, verschwunden wie im Träume. Im fremden Lande steh ich heut am leeren Weihnachtsbaume. Doch Mutter mein Du denkst an mich im fernen Heimatlande, und in der Fremde fühl ich noch, Deiner Liebe Bande. So falte ich zur Weihenacht wie einst als Kind die Hände und bitte Gott, daß seine Macht mein hartes Schicksal wende, daß er mich wieder finden lässt der Heimat trauten Frieden und mir das nächste Weihnachtsfest zu Hause sei beschieden. red

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