Ein Halleluja zur Begrüßung

ZELTINGEN-RACHTIG. Es kommt heute nicht mehr allzu oft vor, und wenn, wird es kaum zur Kenntnis genommen: die Anlieferung einer neuen Orgel in einer Kirchengemeinde. In Rachtig aber machte man daraus ein kleines Fest und hieß das Instrument und seine Erbauer mit geschmückter Kirche und einer Andacht willkommen.

Für jeden Orgelbauer und jeden Kirchenmusiker wäre es eine helle Freude gewesen, hätte er miterleben können, wie die Pfarrgemeinde St. Marien in Rachtig die Ankunft ihrer neuen Orgel feierte. Vor gut zehn Monaten war das alte Instrument abgebaut und das historische Gehäuse zur Orgelbaufirma Josef Weimbs nach Hellenthal in der Eifel gebracht worden (der TV berichtete). Nun war es soweit. Nach Abschluss der Arbeiten in der Werkstatt konnte das Instrument per LKW zurück an die Mosel transportiert werden. Dort erlebten die Orgelbauer einen großartigen Empfang. Die Kirche war mit Fahnen geschmückt, Kinder warteten mit bunten Bändern und Luftballons, und eine große Anzahl von Pfarrangehörigen hatte sich im Gotteshaus versammelt, um ihr Instrument und die Handwerker willkommen zu heißen. Dass es ein Freudentag für die Pfarrei war, zeigte sich auch darin, dass die kurze Dankandacht, abgehalten von Pfarrer Stephan Feldhausen, mit einem Halleluja beendet wurde. Dann aber waren kräftige Männer gefragt. Viele Pfarrangehörige packten mit an, als es hieß, den LKW zu entladen und die in Einzelteile zerlegte Orgel in die Kirche zu transportieren. Manch einer mag sich gefragt haben, was das wohl für ein Teil sei, das er da überaus vorsichtig in seinen Händen hielt. Ein besonderer Moment war, als das historische, liebevoll restaurierte Gehäuse des Rückpositivs (ein Teil der Orgel, der sich im Rücken des Organisten befindet und in der Emporenbrüstung eingebaut wird) die Ladefläche verließ. Vergoldet prangt an ihm die Jahreszahl seiner Entstehung, 1739. Das, was der damalige Meister, mit hoher Wahrscheinlichkeit Balthasar König, in dieses Gehäuse einbaute, ist auch die Basis für das neue Instrument, das jetzt geschaffen wurde. Die Hellenthaler Firma kann gerade im Bezug auf diesen Orgelbauer exzellente Referenzen aufweisen, hat sie doch seine berühmten Instrumente in Schleiden und im Kloster Steinfeld restauriert. Mit ihrem handwerklichen Können und ihrem historischen Wissen werden die Orgelbauer in den nächsten Monaten das Instrument wieder zusammenbauen. Wenn das Gehäuse erst einmal steht, sollen die ganzen Einzelteile wie Spieltisch (das "Reich" des Organisten), die Windladen (der Teil der Orgel, auf dem die Pfeifen stehen), die Bälge und die Mechanik (die Verbindung zwischen den Tasten und den Pfeifen) an ihrem Platz angebracht werden. Hier ist die Kunst eines Feinmechanikers gefragt, damit alles reibungslos funktioniert und der Organist später im wahrsten Sinne des Wortes "leichtes Spiel" hat. Danach geht es an die Arbeit der Intonation. Jede Einzelne der insgesamt 1654 Pfeifen wird so bearbeitet, dass sie sich nahtlos in das Klangkonzept einpasst. Eine Arbeit, die viel Konzentration, noch mehr Geduld und einen reichen Erfahrungsschatz erfordert. Nach den derzeitigen Planungen sollen die Arbeiten im Februar oder März des kommenden Jahres abgeschlossen sein.So viel Wein wie die größte Pfeife

Untergebracht sind die Handwerker, und auch da hält sich Rachtig an einen alten, fast schon vergessenen Brauch, bei Mitgliedern der Pfarrgemeinde. Egon Kappes, Vorsitzender des Orgelfördervereins, meinte bei seinem Willkommensgruß, die Rachtiger Winzer würden schon dafür Sorge tragen, dass die Orgelbauer ihre Montagezeit in angenehmer Erinnerung behalten würden. Da die Mitglieder dieses Berufsstandes immer schon als große Weinliebhaber bekannt waren, dürfte das in einem Moselort nicht schwer fallen. Und noch ein sehr alter Brauch könnte in Rachtig seine Fortsetzung finden, denn in früheren Zeiten war es üblich, dass der Meister nach geglückter Arbeit das Volumen der größten Pfeife in Form von Wein erhielt. Damit sich alle Interessierten schon jetzt ein Bild von ihrem zukünftigen Instrument machen können, wird am 3. Oktober ein Orgelrichtfest gefeiert. Dann stehen die neue Empore und die Orgel zur Besichtigung zur Verfügung.

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