Ein Herz für Handwerkskunst

WITTLICH. Im Zuge der Insolvenz des früheren Eigentümers hat das "Rauen-Haus" in der Wittlicher Schloßstraße nun einen neuen Besitzer: Ibrahim Badalli. Satt Abriss setzt er auf aufwändige Sanierung, um den "Schandfleck" in ein Schmuckstück zu verwandeln.

 Die "Taubenwohnung" unterm Dach ist schon weg und das Haus entkernt: Unternehmer Ibrahim Badalli blickt optimistisch nach vorn und will das historische Gemäuer wieder auf Vordermann bringen.Foto: Sonja Sünnen

Die "Taubenwohnung" unterm Dach ist schon weg und das Haus entkernt: Unternehmer Ibrahim Badalli blickt optimistisch nach vorn und will das historische Gemäuer wieder auf Vordermann bringen.Foto: Sonja Sünnen

Das Haus mag einmal eine gute Adresse gewesen sein, doch seit über 15 Jahren verfällt es, lässt auch mal Ziegel, Putz, Dachpappe fallen und ist zum Schandfleck in der Schloßstraße und zu einer ersten Adresse für die Stadttauben geworden. Kurz vor dem Abriss stand das Gebäude bereits im vergangenen Jahr, denn es galt als Sicherheitsrisiko.Insolvenz als Chance fürs Haus

Die Kreisverwaltung hatte damals auf Drängen der Stadt eine Beseitigungsverfügung erlassen. Der damalige Besitzer Walter Rauen aus Salmtal legte Widerspruch ein. Es wurde ein Vergleich getroffen und der Besitzer aufgefordert, Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen (der TV berichtete). Als der Salmtaler nun Insolvenz anmeldete, war dies für das Haus in Wittlich die Rettung. Bauunternehmer Ibrahim Badalli: "Seit drei Jahren habe ich schon Interesse am Gebäude, doch mit dem Eigentümer war nicht zu verhandeln. Jetzt habe ich es drei Tage vor dem Abrisstermin über den Insolvenzverwalter gekauft." Abriss kommt für ihn nicht in Frage: "Die schöne Fassade will ich unbedingt erhalten. Diese typische deutsche Handwerkskunst ist etwas wichtiges, das darf nicht verschwinden", sagt er mit Blick auf die Steinmetzarbeiten, die von besseren Zeiten zeugen. Seit gut einem Monat wird das Haus nun entkernt. Verschwunden ist mittlerweile der komplette Dachstuhl, das ehemalige "Tauben-Appartement", und die Decken. "Das war eine Katastrophe. Wir haben viel Dreck weggemacht, das war manchmal nicht ungefährlich", sagt der Mann, dessen riesiger Kran vor der Fassade von den Abrissarbeiten zeugt. Rund eine halbe Million Euro plus jede Menge Eigenleistung will Ibrahim Badalli investieren. Im kommenden Jahr soll sich das Innenleben des Hauses komplett verändert haben. Zwei Büros oder Praxen, drei Wohnungen und ein Geschäftsraum sollen Platz finden. Eine Art Altersversorgung für den Selbstständigen, der sich auf Altbausanierung spezialisiert hat, soll das Haus werden. Er lacht: "Das wird meine Rente. Das ist zwar auch ein Risiko, aber ich habe immer davon gelebt, dass ich etwas riskiert habe. Man muss kämpfen, dabei macht man viele Erfahrungen im Beruf und es macht Spaß." Auf die Frage, ob es in der früheren Heimat des Kosovo-Albaners ein Sprichwort für dieses typisch unternehmerische Denken gebe, überlegt er kurz und sagt: "Wenn Du selbst keine Schulden hast, wirst du bestimmt eines anderen Bürge."Eigentum verpflichtet

Da investiert er lieber so zusagen in sich selbst und letztendlich in das Stadtbild Wittlichs. Darüber freut sich auch besonders Nachbarin Inge Wolf, die im vergangenen Jahr am Kirmesmontag fast von einem Quadratmeter herabstürzender Dachpappe getroffen wurde und auch unter der Taubenplage zu leiden hatte: "Jetzt sind die Tauben weg und ich habe lieber einige Monate Baulärm als ein verfallendes Haus vor der Haustüre. Das nehme ich gerne in Kauf." Auch ein anderer Nachbar ist froh: Die Stadtverwaltung, die die Ruine gleich gegenüber lange im Blick hatte. Damals hatte Bürgermeister Ralf Bußmer kritisiert: "Hier entzieht sich jemand durch Rechtsmittel dem Grundsatz, dass Eigentum verpflichtet." Das hat sich mit dem neuen Eigentümer geändert. Ulrich Jacoby, Pressesprecher der Stadt: "Wir begrüßen das Projekt. Dass das Haus erhalten wird, ist uns lieber als ein Abriss. Dann wäre wieder ein Loch entstanden."

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