Ein kleines Wunder und zwei Trauben

Lieser · Der Lieserer Winzer Axel Pauly ist einer der Aufsteiger an der Mosel. Sein Erfolg begann 2011 - in dem Jahr, als ein Brand und Hagel fast seine Existenz vernichtet hätten. Jetzt erst recht, sagte er sich und präsentierte zwei exzellente Kollektionen in Folge.

Lieser. Von einer Traube oder einem Stern in einem der renommierten Weinführer (Gault Millau, Eichelmann) träumen viele Weinmacher. Im Vergleich zur Masse der Erzeuger gelingt dieser Sprung in den Olymp nur wenigen. Axel Pauly aus Lieser hat aber sogar etwas ganz Seltenes geschafft. Für seine 2011er Kollektion hat er im Gault Millau den ersten Stern bekommen und ein Jahr später für den 2012er gleich den nächsten von fünf möglichen. Herrscht also im Hause des 34-Jährigen seit der Verleihung von Stern Nummer eins Freude ohne Ende? Nein! Denn wer weiß, unter welchen Bedingungen die Familie ab dem 2. Juli 2011 arbeitete, muss von einem kleinen Wunder sprechen.
Der Reihe nach: Ausgangspunkt war der Brand des Wirtschaftsgebäudes am 2. Juli 2011. Die Produktions- und Lagerhalle wurde zerstört - und mit ihr etwa 10 000 Flaschen Wein und Inventar. Der Gesamtschaden (Wein, Inventar, Gebäude) wurde damals auf 250 000 Euro beziffert. Brandursache war ein Defekt in der Elektrotechnik (der TV berichtete).
Wenig später wurden erste Pläne für den Wiederaufbau gemacht. Doch dann kam der 26. August 2011. In einigen Orten an der Mittelmosel zerstörte Hagel Dächer, Autos und auch Weinberge. Viele Menschen waren betroffen, doch Axel Pauly, der gerade wieder etwas Land sah und auf eine gute Ernte hoffte, litt ein zweites Mal. "Da habe ich kurz darüber nachgedacht, den Betrieb aufzugeben", gibt er zu. Erst 2009 hatte er ihn von seinem Vater Rudolf übernommen und von drei auf sieben Hektar erweitert.
Doch statt Verzweiflung hieß es "jetzt erst recht". Aufgegeben wurden erst einmal nur die Pläne für den Wiederaufbau. "Es gab den Entschluss, uns zu 100 Prozent auf den Herbst zu konzentrieren. Dafür brauchten wir Ruhe", sagt der Winzer. So wurde ein Teil des Hofes mit einer großen Plane überspannt, unter der im Herbst die Trauben gekeltert wurden.Unter erschwerten Bedingungen


Das Ergebnis ist bekannt. Der Gault Millau verlieh ihm in der Ausgabe 2013, in der die 2011er bewertet wurden, eine "starke Traube" für eine Kollektion, die sich unter anderem moderat im Alkohol zeigte.
Als das Buch herauskam, hatte Pauly gerade die Lese 2012 hinter sich. Und auch die lief nicht problemlos, denn sie fiel in eine ausgedehnte Bautätigkeit. Ein ganz neues Kelter-und Lagergebäude wurde gebaut. "Dauernd fuhren Baufahrzeuge über den Hof", erinnert sich Pauly. Zwischendrin musste sich Pauly auch noch mit der Versicherung auseinandersetzen. Derzeit entsteht auf dem beim Brand übrig gebliebenen Teil eine Vinothek.
Die Qualität der Weine litt nicht. Im Gegenteil: "Wir konnten nicht mithin, dem Weingut Axel Pauly die zweite Traube zu verleihen", heißt es im Gault Millau 2014. Zum moderaten Alkohol komme noch "die von uns so geschätzte Saftigkeit hinzu".
Im Eichelmann ist Pauly sogar mit drei von fünf möglichen Sternen vertreten. Dort heißt es unter anderem: "Einer der Aufsteiger des Jahres an der Mosel - im Auge behalten."
Axel Pauly und seine auch im Betrieb tätige Frau Sabrina haben in den vergangenen zweieinhalb Jahren mehr erlebt als andere Winzer in ihrem gesamten Berufsleben. Beide sehnen Weihnachten herbei. "Dann gibt es endlich einmal Ruhe", sagt der Ehemann. Dann werde auch Zeit sein, im Familienkreis richtig auf den Erfolg anzustoßen.Extra

Der Gault Millau ist neben dem Guide Michelin der einflussreichste französische Restaurantführer. 1969 wurde die französische Ausgabe erstmals von den Journalisten Henri Gault und Christian Millau herausgegeben. 1978 erschien die erste österreichische Ausgabe, 1982 folgte eine Schweizer, 1983 eine deutsche Version des "Reiseführers für Genießer". Während die Konkurrenz meist nur tabellarisch die Bewertungen aufzählt, wird im Gault Millau zu den Bewertungen eine Beschreibung gestellt. Je höher das Restaurant bewertet wird, desto mehr Text wird der Kritik eingeräumt. Neben dem Restaurantführer wird seit 1993 jährlich der Gault-Millau-Weinguide veröffentlicht. In dem Ratgeber werden die besten Weinerzeuger mit Trauben und ihre Weine nach einem international gebräuchlichen Punktesystem bewertet. Beim Testen der Weine verzichtet die Redaktion auf Blindverkostungen. Die Jury kennt bei der Probe also die Winzer, den Jahrgang und die Weinsorte. aff

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