Ein langer, banger Kampf ums junge Leben

IRMENACH. Hunderttausende Tote forderte die blutige Schlacht um Stalingrad. Von 90 000 Wehrmachtssoldaten, die in Gefangenschaft gerieten, kehrten nur 5000 in die Heimat zurück. Fritz Schmidt aus Irmenach konnte zweieinhalb Wochen vor dem Untergang der Sechsten Armee am 2. Februar 1943 der Hölle von Stalingrad entkommen. Seine Erinnerungen hat er in einem Buch festgehalten.

Als der Trierische Volksfreund Fritz Schmidt vor einem Jahr in Irmenach besuchte, steckte er noch mitten in der Arbeit. 500 Seiten hatte er schon mit der Hand geschrieben, viele sollten noch folgen.Über mehr als zehn Jahre erstreckte sich sein Buch-Projekt, "in den letzten drei bis vier Jahren wurde die Sache ein bisschen ernster, das musste jetzt durchgezogen werden", sagt der 81-Jährige.41 Jahre nachdem Schmidt am 14. Januar 1943 mit einer der letzten JU-Transportflugzeuge aus dem Kessel von Stalingrad ausgeflogen wurde, ist sein Buch "Siehst du im Osten das Morgenrot?" im Rhein-Mosel-Verlag (Alf) erschienen.Auf 254 Seiten und in 29 Kapiteln beschreibt er darin seine Jugendjahre im Hunsrück, den Krieg und die Gefangenschaft in Russland. Der Schwerpunkt seiner Schilderungen liegt auf den Erlebnissen, die er als blutjunger Soldat fern der Heimat machte, konfrontiert mit unbeschreiblichem Elend, Kälte, Hunger und dem Tod, der unzählige seiner Kameraden grausam hinwegraffte, und dem Fritz Schmidt selbst oftmals gerade so entkam."Ich hatte ungeahntes Glück", erinnert sich der Rentner dankbar. Sehr detailliert und lebendig hat Fritz Schmidt seine Erinnerungen festgehalten und stellt sie dabei in den politischen und gesellschaftlichen Zusammenhang der damaligen Zeit.Heimlich den Hunger gestillt

Seine Schilderungen der letzten Wochen im Kessel von Stalingrad gehen unter die Haut und berühren den Leser. "Ich hatte noch einige Notizen von früher, aber die hätte ich gar nicht gebraucht", sagt er. Unauslöschbar haben sich die grausamen Erlebnisse in seine Seele und sein Gedächtnis eingebrannt.Als er 19 Jahre alt ist, wird er einberufen, als 20-Jähriger ist er in der Steppe vor Stalingrad. "Wir waren nun schon über fünf Wochen eingeschlossen und langsam wurde der Zustand unerträglich. Die Verpflegungslage verschlechterte sich von Tag zu Tag", beschreibt Schmidt die ständig verzweifelter werdende Situation. "Der Wille zum Überleben ließ immer mehr nach."Hunger und Kälte schwächen auch den hochgewachsenen Hunsrücker, der sein Gottvertrauen jedoch nie verliert und seinen Augen nicht traut, als er am Koppel eines toten Soldaten einen Brotbeutel entdeckt. "Das höchste, was es im Stalingrader Kessel noch geben konnte, lag vor mir: ein Beutel, gefüllt mit Knäckebrot." Unter der Decke stillt er seinen Hunger. "Es durfte niemand etwas davon bemerken, denn der Kampf ums Überleben kannte hier keine Grenzen mehr."Der Überlebenskampf wird immer härter, der Flugplatz Pitomnik ist für viele die letzte Hoffnung. Mit Verwundungen und Erfrierungen, krank und halb verhungert schleppen sich die entkräfteten Landser auf den Straßen dorthin, doch viele "starben lautlos mit dem Wunsch im Herzen, am Ende dieser Straßen aus dem Kessel hinausgetragen zu werden".Fritz Schmidt ist überzeugt, dass er damals einen Schutzengel hat, und der steht ihm zur Seite, als er sich auf den Weg zum Flugplatz macht. Viele Hürden galt es noch zu überwinden, Fritz Schmidt hat die ganze Dramatik in allen Einzelheiten festgehalten und zieht den Leser hinein in das Geschehen.Ausgezehrt und schwer erkrankt

Am 14. Januar 1943 wird der Soldat mit 18 weiteren Kameraden in einer JU52 in den Kaukasus ausgeflogen und später mit einem Lazarettzug in die Ukraine gebracht. Ausgezehrt und schwer erkrankt muss er noch lange um sein junges Leben bangen.Nach einem Erholungsurlaub in der Heimat geht es zurück an die Ostfront. Schmidt gerät in russische Gefangenschaft und kehrt erst am 2. April 1949, als 27-Jähriger, in seinen Heimatort Horbruch zurück.Das Buch "Siehst du im Osten das Morgenrot?" von Fritz Schmidt ist für 14,80 Euro im Buchhandel in Trarbach, Enkirch und Bernkastel erhältlich.Die Lektüre ist auch empfehlenswert für junge Leser.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort