Ein Leben auf zwei Kontinenten

Bernkastel-Kues · Marion Fraser-Löwen führt zwei Leben: Das eine in ihrem Bernkasteler Geburtshaus, das andere, meilenweit entfernt, in der riesigen amerikanischen Stadt Columbus. Weihnachten feiert sie zwei Mal.

 Marion Fraser-Löwen. TV-Foto: ClaudiA Szellas

Marion Fraser-Löwen. TV-Foto: ClaudiA Szellas

Bernkastel-Kues. "Ich wollte damals wie viele 17-jährige Mädchen einfach weg von hier", berichtet Marion Fraser-Löwen. Die "Alte Laterne" war der Aufbruchspunkt: Hier lernte sie einen Amerikaner der Air Force kennen und verliebte sich. "Ich ging mit ihm zunächst nach Florida, New Mexico und dann nach Illinois." Die Ehe hielt nicht, aber Marion Fraser-Löwen blieb in den Staaten. "Damals war es wie ein Abschied für immer. Außerdem konnte ich es mir gar nicht leisten, wieder rüberzufliegen. Alles war dermaßen teuer, telefonieren kostete ein Vermögen", erzählt sie.
In den USA arbeitete sie damals in der Bank, lernte 1979 einen jungen Professor aus England kennen, der in Illinois eine Stelle angenommen hatte. "Eigentlich hatte ich einen Fünf-Jahres-Plan in der Tasche, nun sind es schon 40 Jahre geworden, die ich mit meinem zweiten Mann Hamisch verheiratet bin." Mit ihm hat sie drei Kinder und zwei Enkelkinder. Ihr Sohn Simon und ihre Tochter Kirsten leben und arbeiten in den Staaten, Ingrid ist seit vier Jahren wieder in Bernkastel. "Im Sommer waren wir immer mit den Kindern hier und haben Urlaub gemacht." Das sei für alle stets eine zweite Heimat oder eben "second nature" gewesen.
Marion Fraser führt ein "geteiltes" Leben: "Bernkastel ist meine Heimat, und wie ein Magnet zieht es mich immer hierher", gesteht sie. Seit ihr das Haus ihrer Eltern am Karlsbader Platz gehört, "habe ich immer eine Unterkunft und kann also jederzeit hier leben".
Vier bis fünf Monate pro Jahr ist die Geschäftsfrau in ihrem Geburtsort. In dem Haus hat sie den wohl kleinsten Laden an der Mittelmosel: zehn Quadratmeter klein. "Als ich vor drei Jahren aufmachte, kamen IHK-Vertreter und haben nachgemessen, ob das Geschäft tatsächlich so winzig ist." Der Laden Weinart mit Accessoires rund um Wein ist ihr Hobby. Sie liebt das Familiäre in Bernkastel, alles sei überschaubar, und hier könne sie gut abschalten. Zur Weinlese, zum Weinfest und zum Weihnachtsmarkt kommt sie immer wieder her.
Drei Mal im Jahr nimmt sie die gut 17-stündige Tour vom Flughafen Luxemburg über London, New York nach Columbus auf sich.
Während nach Bernkastel-Kues die Touristen kommen, ist Columbus eine reine Geschäftsstadt. Alleine die Dimensionen sind komplett konträr. Im gemütlichen Bernkastel-Kues leben um die 6500 Menschen, in Columbus, der Hauptstadt Ohios, sind es mehr als 780 000.
Auch die Wünsche für Mitbringsel auf beiden Seiten des Kontinents sind sehr verschieden. "Die Amerikaner freuen sich, wenn ich eine gute Flasche Wein dabeihabe. Shirts und andere Klamotten sind es, die aus den USA hier gewünscht werden", sagt sie. In Columbus arbeitet sie Teilzeit in einem Modeladen und in der Schule.
Weihnachten zelebriert sie zwei Mal: "Heiligabend wird an der Mosel vorgefeiert - so richtig mit Tannenbaum, Bescherung und Fondue. In den Staaten sind wir dann in Columbus die Einzigen, die am 24. feiern. Da wissen meine Kollegen aus der Modeboutique: Den Tag hat Marion immer frei, da beginnt die deutsche Weihnacht." Die feiert sie dort unter den großen, geschmückten Bäumen der Riesenstadt.

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